Achtung: Dieser Text wurde automatisch annotiert. Die maschinelle Übersetzung der Zeichen entspricht des Öfteren nicht dem Textzusammenhang.

Richard Wilhelm 
über Leben und Werk des Zhuang Zhou

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36

 

Leben

Über Zhuangzi's Lebensgeschichte berichtet Sima Qian folgendes: 

»Zhuangzi stammte aus Meng (im heutigen Südwest-Shandong). Sein Rufname war Zhou. Er hatte eine Zeit lang ein Amt in der Stadt Ziyuan, die zu Meng gehörte. Er war Zeitgenosse der Könige Hui von Liang (370 bis 335 v. Chr.) und Xuan von Qi (342-324 v. Chr.) Er besaß überaus umfassende Kenntnisse, doch hielt er sich hauptsächlich an die Worte des Lao Dan. So schrieb er ein Werk, das über hunderttausend Worte enthält, die zum großen Teil aus Zitaten und Gleichnissen bestehen. Er schrieb das Buch vom alten Fischer, vom Räuber Zhi, vom »Kisten aufbrechen«, um die Schüler des Kongzi zu verhöhnen und die Lehren des Lao Dan zu erklären. Namen wie Wei Lexu und Geng Sangzi sind lauter freie Erfindungen, denen nichts Wirkliches zugrunde liegt; doch er war Meister des Stils. Durch Andeutungen und Schilderungen verstand er es, die Anhänger des Kongzi und Mo Di zu verhöhnen, dass auch die tüchtigsten Gelehrten seiner Zeit sich seiner nicht erwehren konnten. So ergötzte er sich an seinem prickelnden, fließenden Stil in stolzer Selbstgenügsamkeit. Darum konnten auch Fürsten und Könige und hohe Beamte sich seiner nicht bedienen.«

Die Bemerkungen des großen Geschichtsschreibers zeugen nicht von einer gründlichen Beschäftigung mit Zhuangzi's Schriften. Die Einzelbeispiele, die er aus ihnen zitiert, sind anfechtbar; doch haben wir keine anderen sicheren Nachrichten und müssen uns daher mit dem Wenigen begnügen. Zhuangzi ist ohnehin eine Persönlichkeit, die uns aus ihrem eigenen Werk so lebendig entgegentritt, dass darüber äußere biographische Einzelheiten ganz von selber unwichtig erscheinen. 

Sein Leben war vorzugsweise innerlich, doch war er weit entfernt, als Eremit oder Sonderling die Welt zu fliehen. Er war verheiratet, und über das Verhältnis zu seiner Frau sind mancherlei Sagen im Umlauf. Bei ihrem Tode benimmt er sich etwas exzentrisch (vgl. XVIII, 2). Da er keinen Wert darauf legte, als Fürstenknecht sein Brot zu verdienen (vgl. XVII, 10 und XVII, 19), herrschten offenbar in seiner Familie häufig recht dürftige Verhältnisse (vgl. XXVII, 13; XXVI, 2; XX, 6); doch war diese Misere des Lebens nicht imstande, seine Gelassenheit zu beeinträchtigen. 

Sein lebhafter Geist wusste den Verkehr mit ebenbürtigen Gegnern zu schätzen. So hat er sich mit dem bedeutendsten Sophisten seiner Zeit, Huizi, häufig unterhalten, wobei es an scharfen Reden und Gegenreden nicht fehlte. Bezeichnend für die Art der beiden ist die Erzählung ihres ersten Zusammentreffens, die in den heute erhaltenen Schriften Zhuangzi's nicht steht, aber anderweitig überliefert ist. Huizi habe zu Zhuangzi gesagt: 

»Ich habe mir eingebildet, ich werde heute einen Phönix sehen, statt dessen treffe ich nur eine kleine Schwalbe.« 

Darauf hätten sie sich gesetzt und beide gelacht. 

Nicht minder bezeichnend die andere Geschichte in Buch XXIV, 6, wie Zhuangzi  am Grabe des alten Kampfgenossen vorbeikommt und es bedauert, dass er nun niemand mehr habe, um seinen Scharfsinn zu üben. 

Erwägung verdient auch die Überlieferung, dass Zhuangzi  der konfuzianischen Schule wenigstens indirekt angehörte. Ein Jünger des Konfuzius, Zixia, der den Meister um viele Jahre überlebte, hat sich lange Zeit in Zhuangzi 's Heimat aufgehalten und soll den Tian Zifang zum Schüler gehabt haben, der in Buch XXI, l erwähnt wird. Von diesem Tian Zifang nun soll Zhuangzi  Unterricht gehabt haben. Diese Annahme hat etwas Plausibles an sich, da gerade die Frühling- und Herbstannalen, mit denen sich die Schule Zixia's besonders abgegeben hat, bei Zhuangzi gelegentlich mit Achtung erwähnt werden. Dieser Zusammenhang mit Konfuzius geht aber nicht hinaus über eine objektive Kenntnisnahme der Traditionen, wie sie für einen umfassend gebildeten Mann der damaligen Zeit unumgänglich nötig war. Innerlich steht Zhuangzi  dem Konfuzianismus vollkommen souverän gegenüber, und gerade der Umstand, dass er seine Lehren beherrschte und sie vergleichen konnte mit den zuweilen etwas dürftigen Resultaten, die sie in den Männern der Schule hervorbrachten, gibt seiner Kritik den schärfsten Stachel. 

Seine Selbständigkeit dem Konfuzianismus gegenüber erweist sich nicht nur darin, dass er die gerühmten Kulturträger der alten Zeit, die von Konfuzius als unerreichbare Vorbilder proklamiert worden sind, einen Yao, Shun und Yu, als Verfallserscheinungen auffasst gegenüber dem paradiesischen Urzustände, der sein Ideal ist, sondern auch daran, dass er den Konfuzius selbst in der allerunbefangensten Weise kritisiert. Diese Kritik an Konfuzius kleidet er mit Vorliebe ein in die Form von Unterhaltungen des Meisters mit Laotse, in denen der Alte nicht sparsam ist an recht derben Belehrungen, die Konfuzius mit devoter Ehrerbietung aufzunehmen pflegt. Ob Zhuangzi für diese Geschichten irgendeinen Anhaltspunkt in der Überlieferung hatte, oder ob sie einfach zu seinen berühmten »Gleichnissen« gehören, lässt sich von unserm heutigen Standpunkte aus nicht mehr entscheiden. 

Die Geschichte vom Narren von Chu in Buch IV, 8, die in den Gesprächen des Konfuzius Buch XVIII, 5 ihre Parallele hat, sowie manche anderen derartigen Erzählungen lassen darauf schließen, dass er in dem Traditionsstoff über Konfuzius bewandert war. Dagegen scheint es, dass die von Sima Qian erwähnte Begegnung des Konfuzius mit Laotse einfach eine Zusammenfassung der in Zhuangzi enthaltenen Stellen ist und nur insofern in Betracht kommt, als Sima Tsien mit der Möglichkeit rechnet, dass Zhuangzi eine tatsächliche Überlieferung derart zu Gebote stand. 

Vom orthodox konfuzianischen Lager aus hat man Zhuangzi vielfach den Vorwurf gemacht, dass er den Konfuzius verhöhne. Dieser Vorwurf erscheint ungerecht, wie Su Dongpo zum erstenmal richtig betont hat. Nicht Konfuzius selber ist es, den Zhuangzi verhöhnt, sondern die Auswüchse, die seine Lehren in den Händen minderwertiger Schüler gezeitigt haben: leerer äußerlicher Formenkram, Vernachlässigung der tatsächlichen Fragen der Wirklichkeit und der wirklichen Bedürfnisse der Menschen, verbunden mit Arroganz und fortwährender Berufung auf die Autorität des Altertums, Schulgezänk und Streitereien unter Hintansetzung der Forderungen des Gewissens, kurz alle jene Dinge, die unter Qin Shi  Huangdi zu der großen Katastrophe, der sogenannten Bücherverbrennung, geführt haben. 

Dem Meister selbst steht er vorurteilsfrei, aber mit aufrichtiger Achtung gegenüber. Er legt ihm Worte in den Mund, die reifste Erkenntnisse des Menschenlebens enthalten, und in Buch XXVII, 2 spricht er es Huizi gegenüber aus, wie sehr er Konfuzius schätzt wegen seines unerreichten Einflusses auf die Gestaltung des Gesellschaftslebens. 

Aber auch sonst zeigt Zhuangzi seinen weiten Blick. Nichts von allem, was jene überaus reiche Zeit geistigen Lebens in China hervorgebracht hat, ist ihm entgangen, und unbefangen macht er von allem Gebrauch, was für seinen Zweck passt, ohne sich deshalb jedoch irgendeiner Richtung schlechthin zu verschreiben. Auch an Männern seiner eignen Richtung wie Liezi oder Song Yongzi sieht er die schwachen Seiten, und selbst Laotse, mit dem er in allen wesentlichen Stücken vollkommen übereinstimmt, bleibt nicht ganz frei von Kritik (Buch III, 4). 

Leider sind wir heute noch nicht in der Lage, die geistige Richtung des ältesten China, die unter dem Namen Taoismus zusammengefasst zu werden pflegt, und in der Laotse eine einzelne, wenn auch äußerst markante Etappe darstellt, in ihre Anfänge zurückzuverfolgen. Namentlich ist unsicher, ob nicht manches, was als urälteste Tradition erscheint, in Wirklichkeit auf außerchinesische Quellen zurückzuführen ist. Der Buddhismus, auf den man hinzuweisen pflegt, dürfte hiebei weit weniger in Betracht kommen als jene Lehren, die vorbuddhistisch sind und vielleicht ein gemeinsames Traditionsgut im ältesten Ostasien darstellen.

Buch

Wenn wir von der Autorschaft eines alten chinesischen Buches reden, so müssen wir andere Maßstäbe anlegen als in unserer Zeit. Man muss mehr an die mittelalterlichen Epen oder die Malerwerkstätten älterer Zeit denken, um ein Analogon zu finden. Gewiss ist, dass wir im Zhuangzi einer Persönlichkeit von stilistischer Kühnheit und unnachahmlicher Eigenart begegnen. Das Buch unterscheidet sich darin wesentlich von Liezi, in dem wir weit mehr den Überlieferungsstoff einer ganzen Zeit als einen überragenden Meister vor uns haben. Aber dennoch wäre es verkehrt, wenn wir die unter Zhuangzi's Namen überlieferten Schriften unbesehen als seine direkte Arbeit annehmen wollten. Gewisse Bedenken, die bei chinesischen Kommentatoren gegen einzelne Stücke geäußert wurden, sind jeweils in den Vorbemerkungen zu den einzelnen Büchern erwähnt. Auch ist bei der Auswahl des Gegebenen auf den Gesichtspunkt der Authentie Rücksicht genommen. Dennoch ist absichtlich auch manches, was sicher nicht in der vorliegenden Gestalt auf Zhuangzi zurückgeht, aufgenommen worden, um ein Bild zu geben, wie es um Zhuangzi aussah, wie seine Wirkungen in verschiedene Richtungen sich ausbreiten, von denen sie im chinesischen Geistesleben der Nachzeit immer weitere Kreise ziehen.

Wäre Zhuangzi ein Werk der konfuzianischen Schule, so hätten wir uns wahrscheinlich auch bei ihm mit einem Bericht über den Schaden, den die große Bücherverbrennung des Qin Shi Huangdi ihm angetan, auseinanderzusetzen. Denn es ist klar, dass das Werk in seinem heutigen Zustand dieselben Schicksale durchlebt hat, die frommer Eifer bei konfuzianischen Werken dem schuldigen Haupt des großen Empörers auf dem Thron zuzuschreiben gewohnt ist. Da dies nun nicht der Fall ist, so zeigt unser Buch um so deutlicher das Schicksal der Werke, die den Wandel der Schriftzeichen, der im dritten vorchristlichen Jahrhundert vor sich gegangen ist, überstanden haben. Das Buch, wie es heute vorliegt, weicht von dem zur Zeit der Han-Dynastie vorhandenen, nunmehr verlorenen Exemplar wesentlich ab. Die Kataloge jener Zeit sprechen von einem Werk von 52 Kapiteln; heute sind uns nur 33 erhalten. Wohl sind da und dort noch Zitate aufbewahrt, die den Stempel des Stils von Zhuangzi an sich tragen. Es ließe sich aus diesen Resten noch fast ein Buch mittleren Umfangs zusammenstellen. Anderes ist vielleicht noch da, aber unkenntlich, das nach chinesischen Berichten Ähnlichkeit mit Traumbüchern, mit Märchen und Sagen, wie wir sie im »Kanon der Berge und Meere« und sonst rinden, gehabt haben soll. Man ist fast versucht, an manche Abschnitte, die sich heute im Liezi finden, zu denken. Wie dem auch sei: aus dem heute Vorhandenen lässt sich ein zureichendes Bild der Eigenart Zhuangzi's gewinnen.

Die heutigen Ausgaben gehen zurück auf eine Arbeit eines Herausgebers aus dem dritten oder vierten nachchristlichen Jahrhundert, Huang Siu, der unter der Jin-Dynastie lebte. Sein Werk geriet unvollendet in die Hände Go Siang's (ca. 312 n. Chr), der es nach eigenem Gutdünken vollendete und unter seinem Namen erscheinen ließ. Sein Kommentar besteht aus Ausführungen taoistischen Inhalts, zu denen er durch Zhuangzi's Text angeregt wurde. Spötter pflegen von ihm zu sagen, daß Go Siang den Zhuangzi kommentiert habe, aber ebenso Zhuangzi als Kommentar zu Go Siang betrachtet werden könne. Zur Zeit der Tang-Dynastie blühte der Taoismus, und Zhuangzi wurde modern. Selbst Kinder auf der Straße sollen zu jenen Zeiten Zhuangzi  zitiert haben! Sein Geburtsort Mong trug um jene Zeit den Namen Nan Hua (südliches Blütenland). Deshalb bekam er im Jahre 742 auf kaiserliche Anordnung den Titel: »Der wahre Mensch vom südlichen Blütenland« und sein Buch wurde als »Das wahre Buch vom südlichen Blütenland« bezeichnet. Unter der Sung-Dynastie im Jahre 1078 wurde in seinem Heimatort Mong ein Ahnentempel für ihn errichtet, dessen Stiftungsurkunde von dem bekannten Schriftsteller Su Dung Po herrührt. In dieser Stiftungsurkunde ist es, wo Su Dung Po (unseres Erachtens mit Recht) die Authentie der Bücher XXVIII-XXXI, die sich schon durch ihre Überschriften von ihrer Umgebung unterscheiden, in Zweifel zog4.

Das »wahre Buch vom südlichen Blütenland« zerfällt heutzutage in drei Teile: Buch I-VII, der »innere« Abschnitt, der nach chinesischer Tradition aus Zhuangzi's Hand stammt und dessen Überschriften die Inhaltsangaben enthalten, die von ihm selbst gesetzt seien; Buch VIII-XXII, der »äußere« Abschnitt, Ausführungen zu den sieben ersten Büchern enthaltend; und - sachlich wenig davon verschieden - Buch XXIII-XXXIII (XXVII), der »vermischte« Abschnitt.