Beginn des zweiten Opium-Krieges

Meyers Konversations-Lexikon, 1875

Nun aber kam die kaiserliche Regierung von einer andern Seite in noch größere Not. Die Differenzen mit England waren inzwischen immer ernstlicher geworden; die Engländer mahnten immer dringender an die Erfüllung des Vertrags von Nanking und bestanden insbesondere auf Zulassung in Kanton.

Der Kaiser wies aber dies Ansinnen unbedingt und für alle Zeiten zurück. Im Oktober 1856 kam dazu ein neuer Konflikt wegen eines von den chinesischen Behörden weggenommenen, unter englischer Flagge auf Grund eines in Hongkong regelrecht ausgestellten Schiffsregisters segelnden chinesischen Schiffs. Die Engländer verlangten Genugtuung, stellten, da diese nicht vollständig geleistet wurde, ein Ultimatum, erstürmten, da diesem keine Beachtung zuteil wurde, alle Forts am Fluss und die Stadt Kanton selbst, beschossen den Palast des Oberstatthalters Yeh, legten einen Teil der Stadt in Asche und zerstörten am 6. November 1856 die kaiserliche Flotte.

Da indessen keine genügenden Streitkräfte zur Fortsetzung des Kriegs auf dem Platz waren und in Indien eben der Aufstand ausbrach, so mussten die Engländer im Januar 1857 zunächst aus Kanton wieder abziehen. Die Chinesen hielten jetzt die Macht der Barbaren für gebrochen, und in öffentlichen Erlassen wurde das Volk, welches ohnedies wegen des grausamen Kulihandels gegen die Fremden erbittert war, zu deren völliger Vertilgung aufgerufen.