Meyers Konversations-Lexikon, 1875
Mit Schuntschi beginnt die (21.) Dynastie der Mandschu oder Tsing (1644), die noch jetzt den Thron von China inne hat. Schuntschi hatte den Unterricht des berühmten deutschen Jesuiten Adam Schall genossen und räumte diesem einen großen Einfluss auf sich und die Regierungsangelegenheiten ein. Unter Schuntschi, seinem Sohn Schingtsu mit dem Prädikat Khanghi und dem Herrscher Kaotsungschün mit dem Namen Khianlung erhob sich China zu großer Macht.
Alle Aufstände im Land wurden niedergeschlagen, Formosa mit China vereinigt und kolonisiert, der größte Theil der Dsungarei, ganz Turkestan (die Gebiete Kaschgar, Jarkand usw.) und Tibet unterworfen, ein Krieg gegen Russland, der wegen Grenzstreitigkeiten 1684 entstand, 1689 beigelegt.
Die Christen, welche längere Zeit geduldet worden waren, wurden aus politischen Gründen von Khianlung seit 1735 hart verfolgt. Unerbittlich gerecht, war dieser doch auch rücksichtslos grausam; im übrigen beförderte er die Wissenschaften und legte 4 Bibliotheken der schätzbarsten Bücher an; auch war er selbst Dichter. Im Jahr 1796 legte er zu Gunsten seines fünften Sohnes Kia-khing die Regierung nieder und starb 1799.
Von dieser Zeit an ist die Macht der Mandschu im Abnehmen begriffen. Kiakhings Gewalttätigkeit und Grausamkeit erregten bald allgemeine Unzufriedenheit; immer neue Verschwörungen wurden angezettelt, Räuberbanden durchzogen verheerend das Land; Seeräuber, die sich in Hainan und Formosa festsetzten, beherrschten nicht allein das Meer und bekämpften hier die chinesischen Flotten mit wechselndem Glück, sondern drangen auch von den Flussmündungen aus in das Innere des Landes plündernd und verwüstend ein, bis ihre Macht endlich durch innern Zwiespalt zu Grunde gerichtet ward.
Im Jahr 1807 kam der erste protestantische Missionär, Morrison, nach China; 1815 wurden alle Katholiken aus China verbannt.
Kiakhing starb 1820, wie man vermutet, durch einige Missvergnügte ermordet.
Ihm folgte sein zweiter Sohn Mianning (1820 — 50), geboren 1794, als Kaiser
Taokuang (»Glanz des Verstandes) genannt. Die Unruhen im Innern des Reichs
dauerten unter ihm fort; dazu kamen Konflikte mit den an der Grenze
nomadisierenden Buruten und Kirgisen und dem Khan von Khokand, die aber mit
Unterwerfung des Chodscha's Dschehangir endeten, sowie mit dem kriegerischen
Bergvolk an den Grenzen der Provinzen Kuangtung, Kuangsi und Honan, mit dem ein
Vertrag abgeschlossen ward, der dahin lautete, dass sie in ihren Bergen bleiben,
die Chinesen ihr Gebiet nicht betreten und die kaiserlichen Truppen entlassen
werden sollten. Taokuang zeigte Abneigung gegen das Christentum, namentlich
gegen die Katholiken, die daher mehrfachen Verfolgungen ausgesetzt waren. ![]()