Von den Drei Reichen bis zur Ming-Dynastie (223-1644)

Meyers Konversations-Lexikon, 1875

In den letzten Zeiten der Han nahm die Kaisermacht ab, Empörungen brachen aus, und China zerfiel in die drei unabhängigen Reiche (223—265 n. Chr.) der Heuhan, der Wei und der Wu, die sich gegenseitig bekriegten, bis der Stifter der Dynastie Tsin (265—419 n. Chr.), Ssemayen, mit dem geschichtlichen Namen Wuti, mit Waffengewalt das ganze chinesische Reich wieder vereinigte und den Kaisertitel annahm.

Seine Macht war aber nur von kurzer Dauer; seit 281 tauchten neben und nach einander 17 Nebendynastien auf. Mehrere Kaiser wurden ermordet; im Norden bildeten sich mehrere unabhängige Reiche, teils von Chinesen, teils von Fürsten tibetischer Abstammung regiert, bis Nordchina unter der Nebendynastie Wei (386— 535) und den ihr folgenden Geschlechtern bis 581, der Zeit des Auftretens der 11. Dynastie, zu einem Reich vereinigt wurde.

Im Süden des Reichs herrschten von 420—589 drei Dynastien; diese wurden als rechtmäßig angesehen, jene des Nordens dagegen als Usurpatoren.

Erst Jangkian, Fürst von Sui, mit dem geschichtlichen Namen Kaotsuwenti, der im Norden des Großen Flusses den Kaisertitel annahm, 588 im Süden dieses Flusses vordrang und 590 Nanking eroberte, vereinigte wieder ganz China unter seinem Zepter.

Sein Sohn wurde wegen Ausschweifungen ermordet, worauf die (11.) Dynastie der Tang (618 — 906) folgte. Die Zeit bis 756 war eine glänzende für China; ganz Zentralasien wurde wieder botmäßig, das Reich blieb unter Einem Fürsten geeinigt. Nun folgte aber eine Periode innerer Kriege, durch welche Tataren ins Land gezogen wurden und das südliche Tongkin, heute die Nordprovinz von Anam, dem Reich verloren ging; 757 kamen Araber nach Südchina.

Die Wissenschaften blühten jedoch in dieser Zeit; die Erfindung des Holzdrucks wurde der Verbreitung der Literatur unendlich förderlich.

Ein ausgezeichneter Monarch war Tschaskuangjin, als Gründer der 18. Dynastie (Sung II.) Taitsu genannt. Auf den Thron führten ihn seine Siege über die tatarischen Khitan, die im Norden des Reichs Selbständige Fürstentümer errichtet hatten. Diese Fürsten sowie das in Schensi von Tibetern gegründete Reich Hia blieben zwar nicht auf die Dauer zurückgedrängt; die Kämpfe mit ihnen waren jedoch im ganzen glücklich bis 1127, wo Kintsung samt seiner Familie von dem tungusischen Volk der Kin, den Vorfahren der heutigen Mandschu, fortgeführt wurde, so dass Kaotsung die Residenz nach Süden, zuerst nach Nanking, dann nach Hangtschau, verlegen musste.

Für Geschichtschreibung geschah in der Zeit dieser Dynastie viel; Ssemakuang (1018—86) schrieb seine Geschichte, Matualin (1245—1325) seine große Enzyklopädie (s. die Inhaltsangabe vom Plath) in den Sitzungsberichten der bayrischen »Akademie der Wissenschaften« 1871, S. 83-154).

Die Mongolen treten als eroberndes Volk zuerst 1206 unter Dschingischan auf. Sie machten unter diesem Krieger wie unter seinem Sohn Ogdaichan und seinen Enkeln Mangu (genauer Möngke) und (Chubilaichan reißende Fortschritte gegen die Kin, im N. und NO. von China, und die Dynastie Sung, die sie allmählich weiter gegen Süden drängten.

Schon 1260 war Chubilaichan faktisch der Herrscher von China; von 1280 datieren die chinesischen Geschichtschreiber den Beginn der (19.) mongolischen Dynastlie Juan (1280—1367). Chubilaichan nahm seine Residenz in Chanbaligh (»königliche Stadt«), dem heutigen Peking (»Hof des Nordens«); hier traf ihn der berühmte Reisende Marco Polo. Die Eroberer eigneten sich die Institutionen des unterjochten Volks an; erst gegen Ende ihrer Herrschaft gelangten auch Chinesen wieder zu Ämtern und Würden.

Zwistigkeiten unter dem Kaiser Schünti (1333 — 67} veranlagten den Bonzen (buddhistischen Priester) Tschujuantschang, 1355 als Parteigänger aufzutreten; er fand Anhang, stellte sich an die Spitze einer Empörung in Kiangnan, unterwarf sich einige Südliche Provinzen, siegte über die unter sich uneinig geworbenen Rebellen und Mongolenhäuptlinge, die inzwischen den Kaiser abgesetzt hatten, überschritt den Gelben Strom, nahm Peking ein, vertrieb die Mongolen nach der Tatarei, wo sie das Reich der Chalcha gründeten, und erwarb sich durch Klugheit und Mäßigung die allgemeine Achtung und Liebe in dem Maße, dass er selbst den Thron besteigen konnte.

Er nahm als Kaiser den Namen Taitsu an und ward Stifter der (20.) Dynastie der M in g (1368—1644). Unter ihrer meist kräftigen Regierung beschränkte sich seines Reich auf das eigentliche China; in der Mongolei behaupteten sich die mongolischen Fürsten. Damals wurde die im wesentlichen noch jetzt geltende Regierungsform ausgebildet; Portugiesen kamen nach Macao, katholische Missionäre, zuerst M. Ricci 1583, erlangten Zutritt.

Unter Hoai-toung (1628—44) ward seines Reich von beutelustigen Mandschu-Tataren bedroht und im Innern von Rebellen erschüttert; erstere hatten sich der Hauptstadt genähert, letztere sie erobert, als die Dynastie Ming durch des Kaisers freiwilligen Tod ihr Ende erreichte.