Meyers Konversations-Lexikon, 1875
Der Handel, für welchen der verschmitzte, ausdauernde und genügsame Chinese, der im Verkehr mit Fremden seinen Landsleuten nicht Konkurrenz macht, sondern einmütig mit ihnen gegen jene vorgeht, vorzüglich passt, ist auf dem Land als Kleinhandel sehr belebt; Märkte sind in jeder kleinen Stadt mehrere im Monat, in großen Städten öfters unter großem Andrang von Händlern und Käufern. Die Höhe für den Wert dieses Binnenhandels ist noch nicht zu bestimmen; die willkürlichen Zölle der Mandarine sind ein bedeutendes Hindernis seiner vollen Entwicklung.
Der Handel mit dem Ausland ist mit wenigen Ausnahmen ausschließlich in den Händen europäischer und amerikanischer Handelshäuser; der Verkehr darf aber nur an bestimmten Plätzen stattfinden, ist nur unter starker Beiziehung der eingebornen Händler möglich.
Bis zum Frieden von Nanking (1842) war für den Landweg nur Maimatschin, Kiachta gegenüber an der Nordgrenze der Mongolei, für den Seeweg nur Kanton Ausfuhrstation unter hemmenden Bedingungen. Im genannten Frieden wurden außer Kanton noch Amor, Futschau, Ningpo und Schanghai zu Freihäfen erklärt und neuerdings im Frieden von Tientsin (1858) und später eine Anzahl noch anderer Häfen (Swatau, Takao, Tamsui, Tschinkiang, Kiukiang, Hankau, Tschifu, Nintschiang, Tianjin usw.) dem europäischen Handel geöffnet (s. unten, Geschichte), so dass jetzt im ganzen 21 Häfen (Vertragshäfen) dem Verkehr offen stehen.
Im Jahr 1814 wertete Ein- und Ausfuhr 3
3/4 Millionen Pfund Sterling;
1827: 5 Millionen;
1833 erlosch das Privilegium der Ostindischen Kompanie, und bis
1856 hob sich der Wert auf 17,5 Millionen, betrug
1869: 42,6 Millionen und soll
1871 auf 130 Millionen Pfund Sterling gestiegen sein.
Die Hauptgegenstände der Ausfuhr bilden Tee und Seide, auf sie entfallen 88 % der Summe des Exports. Von den übrigen 566 chinesischen Handelsexportartikeln haben sich nach der Zollstatistik kaum 100 von Bedeutung erwiesen; obenan stehen darunter die Drogen.
Es betrug die Ausfuhr von Seide
1845: 18600,
1869: 37602 Ballen (á 50 Kg); von
Tee 1845: 57,8 Millionen,
1869: 188,1 Millionen Pfund.
Hauptartikel der Einfuhr ist Opium, dann kommen Baumwollwaren, Schafwollwaren, rohe Baumwolle und Metalle; die sämtlichen anderen Einfuhrartikel betagen nach den Zollregistern nur 24, in manchen Jahre unter 20 % der Gesamteinfuhr.
Von Opium betrug die Einfuhr in Piculs
(á 60,47 Kg)
1803-1808: 3000,
1834-39: 30000,
1850-60: 70000,
1860-1870 80000 im Jahr.
Baumwollwaren wurden
1869 eingeführt für 7,5 Millionen Pfund Sterling,
Schafwollwaren für 2,0 Millionen,
Metalle für 1,09 Millionen Pfund Sterling.
Englands Ausfuhr nach China hat sich von 1842-69 (also binnen 27 Jahren) verachtfacht.
Zur richtigen Würdigung dieser Tatsache muss erwogen werden, dass diese
Steigerung in einem Land vor sich ging, welchem jede Konzession durch das
Schwert abgerungen werden musste, und dass die Regierung im Bewusstsein der
eigenen Schwäche und Korruption kein Mittel für unerlaubt hielt, durch welches
das abergläubische Volk dem Einfluss der westlichen Zivilisation fern gehalten
und dem Verkehr mit den Fremden entrückt wurde. Es ist ferner anerkennend der
Bestrebungen der Deutschen zu gedenken welche ohne Unterstützung durch eine
mächtige heimatliche Flotte am Handel in China seit Jahrzehnten einen
hervorragenden Anteil nahmen. ![]()