Meyers
Konversations-Lexikon, 1875
Die technischen Fertigkeiten der Chinesen sind 1871 von St. Julien und Champion (s. oben), 1872 in v. Scherzers Werk: »Siam, Japan und China« von Erner und Bucher (Anhang V, VI, sowie-in der Wiener Weltindustrie-Ausstellungs-Zeitung) besprochen worden.
Die Papierbereitung, geht zurück bis 153 n. Chr.; man verwendet jetzt dazu Hanffasern, junge Bambussprossen, Maulbeerbaumrinde, Rotang (sogenanntes spanisches Rohr), Meeralgen, Reis-, Weizenstroh u. dgl. Die sehr dauerhaften Sorten werden zu sanftem und Regenschirmüberzügen verarbeitet, dienen auch mit Harz bestrichen als Zunder usw.
Der Gebrauch des Holzstockdrucks reicht bis ins 6. Jahrhundert unserer Zeitrechnung zurück; 992 wurden zum erstenmal Schriften durch Steindruck vervielfältigt. Letterndruck wurde im 11. Jahrhundert erfunden, kam aber bei den großen Schwierigkeiten, welche die Chinesische Sprache dem Druck mit beweglichen Typen entgegenstellt, erst seit 1662 in Anwendung, als unter dem aufgeklärten Kaiser Khanghi europäische Missionäre es dahin brachten, dass 250,000 bewegliche Letternstücke. in Kupfer gestochen wurden; doch konnten nur wenige Abzüge gemacht werden, da die Typen bald darauf von unehrlichen Beamten veruntreut wurden. Dafür wurden in der neueren Zeit europäische Typen nach Peking importiert.
Das Pulver der Chinesen ist grob und entzündet sich langsam.
Die Metallmischungen sind gut, ihre Glocken haben vorzüglichen Klang.
Die Fabrikation von Email ist im Rückgang begriffen; ebenso ist die Porzellanfabrikation nur hinsichtlich der Dimensionen ihrer Vasen allen übrigen Völkern voraus, dagegen die Form und Ornamentation bei den Japanesen viel vorzüglicher.
Besondere Aufmerksamkeit erregen die Lackwaren, die an Zierlichkeit und Sauberkeit nichts zu wünschen übrig lassen und in solcher Vollendung nur durch mühsames, wiederholtes Abhobeln, Abschaben und Glätten dargestellt werden können. Die Lackbereitung selbst ist noch ein Geheimnis, die Europäer scheinen bei ihren eifrigen Erkundigungen. bis jetzt in der Irre herumgeführt worden zu sein.
Die Hauptsitze der Industrie sind die großen Städte. Etablissements für Großindustrie fehlen noch; dies fällt übrigens nur der Ausschließungspolitik der Regierung zur Last, und sie werden durch europäische Gesellschaften sofort zum großen Vorteil der Bevölkerung entstehen, sobald die Regierung nicht mehr hindernd dazwischen tritt.
Die Schiffbaukunst hat nur in den kaiserlichen Werften unter europäischen Lehrern Fortschritte gemacht. Tüchtige Seefahrer sind die Chinesen nicht; es kann aber doch nicht mehr bezweifelt werden, dass sie schon Ende des 5. Jahrhunderts nach Zentralamerika gelangt sind (s. Amerika, Entdeckungsgeschichte).
Die Schiffe für den Handel zur See wir auf den Flüssen, die Dschunken, sind lange Kufen ohne Kiel, mit Mattensegeln aus Bambus und plumpen, ungeschickten Steuerrudern, die sich auf der offenen See nicht gut zu halten vermögen.
Die chinesischen Händler selbst befrachten jetzt mit Vorliebe europäische
Fahrzeuge, deren größere Sicherheit und Seetüchtigkeit, verglichen mit den
gebrechlichen Dschunken, die im Jahre nur eine vom Monsun abhängige Reise zu
vollführen befähigt sind, sie bald erkannten. ![]()