Meyers Konversations-Lexikon, 1875
Die Masse der Bevölkerung bilden fast ausschließlich die eigentlichen Chinesen, ein eigener Schlag Menschen, dessen Ursitze noch unbestimmt sind. Nach ihrer Tradition sind sie von NW. eingewandert; ethnographisch scheinen sie einer den Mongolen verwandten Rasse anzugehören, dürfen aber (nach Rennie) mit den Mongolen selbst aus sprachlichen Gründen, wie wegen ihrer Köperbeschaffenheit kaum identifiziert werden. Von Statur sind sie klein, selten über 1,52 Meter groß und würden sohin zu den »kleinen« Leuten der deutschen Militärersatz = Instruktion zählen; die Frauen sind meistens noch kleiner. Das Gesicht ist rund, die Augen sind klein, eng geschlitzt, weit von einander abstehend, stets schwarz, sichtlich schief gestellt und mit dicken Augenbrauen überzogen; die Backenknochen sind hervorstehend; die Nase ist klein und gedrückt, die Stirn niedrig und unbedeutend; die Lippen sind dicker als bei den Europäern; ein dünner Bart bedeckt Kinn und Oberlippe, das Haar ist straff und schwarz. In der Muskelbildung stehen sie den kaukasischen Rassen nach; der häufig mangelnde Bart verleiht dem Mann einen etwas weibischen Typus, und an Orten, wo eine weite Kleidung getragen wird, ist es oft schwer, Männer und Weiber sogleich von einander zu unterscheiden (v. Scherzer).
Das Klima äußert seinen Einfluss auf Äußeres, Körperkraft wie Charakter. Die Chinesen des nördlichen China sind im allgemeinenstärker gebaut und von rötlicher Gesichtsfarbe; jene des mittlern China sind von schwächlicherem Körperbau und blassgelb; die Bewohner des südlichen China sind in der Ebene schwächlicher als die vorigen und dunkler; roh und unzugänglich sind die Bewohner der Gebirge.
Reste der Urbewohner haben sich erhalten in den Miaotse im NW. der Provinz Kuangtung; besondere Volkstämme bilden in den Umgebungen der Miaotse die Punti 21 Mill. an Zahl, die Hakka (etwa 4 Mill.) und die Hoklo (an 3 Mill.). Ihre Sprachen charakterisieren sich als Dialekte des Chinesischen. Diese Stämme, wie die in Ssetschuan wohnenden noch selbständigen Völkerschaften zeigen einen kräftigen Stammesgeist und haben von der chinesischen Bildung wenig angenommen.
Zerstreut unter den eigentlichen Chinesen leben die Mandschu und Mongolen, meist in den wichtigeren Städten, wo sie die militärische Besatzung bilden und einen eigenen Stadtteil, die sogenannte Tatarenftadt, bewohnen. Es erfordert ein geübtes Auge, um die Mandschu von den Chinesen zu unterscheiden; sie sind etwas schwerer gebaut und haben mehr Bart.
Die Mongolen können nach einigen nicht scharf von den Chinesen geschieden werden; andere, wie Rennie, wissen sie genau davon zu trennen.
Vermischungen dieser zwei Gruppen mit den eigentlichen Chinesen sind
zahlreicher unter den Mandschu als unter den Mongolen. ![]()