6. bis 9. März 1897

zu Bett wegen Fieber und Gliederschmerzen, eine Art Influenzaanfall.

Die erste Seepost kam wieder an von Shanghai nach Tientsin, und ich bekam eine Menge Briefe von zuhause, u. a. einen von Mumm, der uns bestätigt, Holstein wolle nicht recht an die Flottenstation heran. S. M. soll unter einen Bericht Edmunds „sehr gut" geschrieben haben, einen andern seinem Flügeladjutanten vorgelesen haben, und Cassini soll sich gegen Radolin [Hugo Fürst von Radolin, Botschafter in Petersburg] sehr lobend über Edmund geäußert haben.

Von alledem erfährt man durch das Amt natürlich keine Silbe, ein Auszug des Radolinschen Gesprächs mit Cassini ist Edmund sogar geschickt worden unter sorgfältiger Weglassung der anerkennenden Worte. Es ist alles so kleinlich.

Auch einer der berühmten Hatzfeldschen Berichte [Paul Graf von Hatzfeldt, Botschafter in London], aus Zeitungsausschnitten zusammengestellt, über die sibirische Bahn, wurde Edmund geschickt. Welch trauriges Machwerk! Aber der Mann ist Botschafter, leitet mit Holstein die Politik, wird von ihm in allen ernsten Fragen zu Rate gezogen und hat den schmählichen Sansibar-Vertrag abgeschlossen!

Alle großen Gedanken des Kaisers scheitern an der Schattenexistenz Holstein, der an einer auf Krankheit basierten Nervosität leidet, allen Dingen aus dem Wege geht, wo es zu einer wirklichen Handlung und Entscheidung kommen und er vielleicht gezwungen werden könnte, aus dem Dunkel herauszutreten. Denn er liebt Macht ohne Verantwortung! Obendrein leidet er an persönlichem Hass gegen die Russen, der sich auch uns hier in der Flottenstationsfrage zeigt und sicher schon oft noch ernstere Folgen gehabt hat. Denn warum ist nach Bismarcks Abgang der Neutralitätsvertrag [mit Russland] nicht erneuert worden? Man sagt, weil Caprivi ihn für zu kompliziert hielt; Caprivi aber war in jenen Tagen noch ganz am Gängelband des Auswärtigen Amts, d. h. Holsteins, und wenn der den Vertrag hätte erneuern wollen, wäre er damals nicht an Caprivi gescheitert. Die Zeiten, wo Gaprivi sich zu emanzipieren versuchte, kamen erst viel später, da stürzte er denn auch bald. Warum ist ferner nach S. M.s Telegramm an den Präsidenten Krüger Russlands Anerbieten, darin mit uns zu gehen, wenn wir ihm in seinen antienglischen orientalischen Plänen freie Hand ließen, nicht angenommen worden? Durch Holstein-Hatzfeldsche Manipulationen, von denen der eine Russland persönlich hasst und der andre unter englischem Einfluss steht!

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