4. November 1896

Nachmittags hatte Edmund den Besuch von Li hung chang, der hier sehr klein und still geworden ist. Er ist zum Mitglied des Tsungli Yamen ernannt worden, und nach all ihm in Europa erwiesenen Ehren findet er hier zu Hause die Behandlung recht anders. Vor seinem Kaiser musste er 1 1/2 Stunden knien, und als er im kaiserlichen Garten auf dem Rasen spazieren ging, ward er mit Entziehung eines einjährigen Gehalts bestraft!

Edmund war ganz degoutiert über ihn, da er sich die Nase mit den Fingern reinigt und dies dann in einen silbernen Becher tut, welchen ihm ein Diener extra dazu hält.

Li hung chang sprach hauptsächlich vom Fürsten Bismarck, welcher ihm erzählt habe, er hätte mit der alten Kaiserin Augusta so viel Schwierigkeiten gehabt.

Dienstlich ist dieser Monat voller Aufregungen, denn es ist dem Belgier Vinck gelungen, einen belgischen Conseiller in das Tsungli Yamen ernennen zu lassen, was natürlich eine starke Bevorzugung alles Belgischen bedeutet.

Dann hat Sheng tao tai die Direktion der künftigen Eisenbahn Peking-Hankow erhalten und will nur amerikanischem und belgischem Kapital die Beteiligung erlauben, während er die bisherigen deutschen Ingenieure entlässt.

Auch in der Angelegenheit der Militärinstrukteure zeigen sich die Chinesen wenig entgegenkommend. In all diese Unzufriedenheit kam ein Telegramm von Berlin, ob Edmund und der Admiral sich einig seien über Flottenstation. Edmund telegraphierte „Amoy".

Die Chinesen haben sich nun noch eine Perfidie zuschulden kommen lassen: sie ernennen augenblicklich eine Reihe neuer Gesandten, und für Berlin war Lo feng lo schon so bestimmt in Aussicht genommen, dass hier alle Welt davon sprach und Edmund es nach Berlin drahtete. Mittlerweile aber hat Sir Claude Macdonald gegen den für London Ausersehenen Einspräche erhoben wegen Unterschleifen, die er begangen, und plötzlich wird dieser anstatt Lo feng lo nach Berlin bestimmt.

Edmund drahtete es an das Auswärtige Amt und erhielt die Weisung, diesen Gesandten abzulehnen. Dies tat er denn in einem sehr kühlen Brief und ging tags darauf auf das Tsungli Yamen, wo er den Chinesen all ihre Rücksichtslosigkeiten vorhielt, ihnen sagte, dass sie ein Glas Wein, welches den Engländern zu schal erschienen, für Deutschland noch gerade gut genug gefunden hätten, und dass sie statt der sanften Musik der Freundschaft auch einmal eine andre, nach einem Kriegsmarsch klingende zu hören bekommen könnten! Die Chinesen sollen sich bei der Unterredung sehr demütig und versöhnend gezeigt haben.

Index