25. Mai 1896

Ich holte Edmund abends von der Bahn ab. Er war sehr zufrieden von seinem Tag. Er war von S. M., wie bei unsrer Rückkehr von Indien, zum Schrippenfest des Lehrbataillons eingeladen worden, ziemlich als einziger Zivilist.

Während des Dejeuners saß er neben Senden-Bibran *), mit dem er lange über China sprach, und der auch so sehr fand, dass es am richtigen Schneid im Auswärtigen Amt fehle, und dass wir entschieden in China etwas haben müssten. Der Kaiser sei ganz dafür.

Edmund erkannte mal wieder, wie sehr das Auswärtige Amt (siehe Holstein) dem Kaiser immer in den Arm fällt und dann die eigne Nervosität und Unschlüssigkeit ihm zur Last legt.

Nach dem Lunch sprach S. M. lange mit Edmund und fing gleich an:

„Na, Heyking, ich habe Sie für China ausgesucht, Schenk hat uns dort auf gut hessisch in den Dreck geritten, während wir unter Brandt die erste Stellung hatten, das muss wieder so werden. Sie haben an jedem Posten gezeigt, was Sie konnten, tun Sie es jetzt wieder."

Die Hauptaufgabe sieht der Kaiser darin, dass China möglichst viel Schiffe usw. bei uns bestellt, und dass wir durch deutsche Offiziere die Militärreform in die Hände bekommen. Hierzu schickt er den Major Liebert hinaus, den er Edmund besonders empfahl.

Als Edmund sagte, er hoffe, er solle dort eine Flottenstation zu erhalten suchen, sagte S. M.: „Gewiß" und er ließe ihm dazu auch seine besten Schiffe dort. Er habe dem Admiral Tirpitz, der sein persönlicher Freund sei, gesagt, er würde ihm einen guten Gesandten schicken, mit dem er sich über alles verständigen solle. Edmund schlug Amoy vor und S. M. war damit einverstanden.

30. Mai. Wir machten den ganzen Tag in Berlin Abschiedsbesuche. Bei Onkel Grimm war es mir sehr wehmütig, aber sein Geist und Witz helfen darüber hinweg. Er riet Edmund, sich in China ganz ehrlich auf den Ehrgeizigen auszuspielen, der einen succes personel haben will, und das auch ganz ruhig Cassini1) gegenüber auszusprechen. Wir dinierten mit den Kindern, als sich Schiemann melden ließ und uns erzählte, dass Holstein gegen Edmund irritiert sei; er sage, er habe seine Politik in Ägypten konterkarriert und sei ihm jetzt vom Kaiser aufgedrängt worden. Wir hatten ja schon gefühlt, dass Ähnliches in der Luft Hege, waren aber doch sehr starr. Wir sprachen die halbe Nacht darüber. Einen wirklichen Kampf mit Holstein müssen wir zu vermeiden suchen, aber wir müssen uns attaches sichern, wo­durch wir direkt zu S. M. gelangen können, wenn mal etwas wirklich Ernstes vorliegt.


*) Gustav Freiherr von Senden-Bibran, Generaladjutant des Kaisers, Chef des Marinekabinetts.

 

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