15. Mai 1896

Ich lernte Frau von Lebbin kennen, was schon lange mein Wunsch war. Sie ist eine Vertraute von Holstein, Hohenlohe, Caprivi, Radolin usw., kennt Gott und die Welt und soll viel Einfluss haben. Wenn auch keinen distinguierten, so macht sie doch entschieden einen praktisch-klugen Eindruck; man hat die Empfindung, jemand vor sich zu haben, qui saurait toujours tomber sur ses quatre pattes. Sie wohnt in der Wilhelmstraße in einer kleinen Hofparterrewohnung, zu welcher man durch einen scheußlichen kleinen Eingang gelangt; ist man aber erst da, so ist es in den zwei winzigen Zimmerchen höchst behaglich, man sieht auf ein kleines Berliner Hintergärtchen, ist fern von allem Lärm und dabei doch á deux pas des Auswärtigen Amts.

Frau von Lebbin sagte mir die liebenswürdigsten Dinge über alles, was sie von mir gehört habe. Wir sprachen auch lange über Peking, über das sie sehr orientiert ist, da Brandt ihr Onkel ist, und sie ja außerdem durch Holstein alles erfährt. Es war ein sehr interessanter Besuch.

Index