13. April 1896

Berlin, April 1896

Edmund ging aufs Amt, um marokkanische Akten zu studieren, und er war eben fort, als Mumm sich melden ließ, was mir so am frühen Morgen sehr seltsam war. Er trat ein und als ich ihn frug, wie es ihm ginge, sagte er mit seltsamer Betonung: „Sehr gut!" und dann gleich: „Was geben Sie mir, wenn ich Ihnen einen ändern Posten bringe?" — Ich war ganz verdattert und konnte kaum fragen: „Welchen?" „Peking!" Es scheint, dass Schenk eine neue Dummheit losgelassen hat, über die sich Marschall heut furchtbar geärgert hat, so dass er zu Holstein und Mumm ganz wütend hereinkam und gesagt hat: „Nein, nun sehe ich selbst, dass der fort muss". (Holstein soll sich darob gefreut haben, weil er im Gegensatz zu Marschall Schenk nie gewertet hat.) Nun war die Frage gleich, „wen hinschicken?" Mumm sagte sofort: „Heyking", aber Marschall scheint anfänglich gemeint zu haben, wir würden nicht hinwollen; als ihm aber Mumm sagte, er glaube doch, war er sofort dafür. Die einzige Angst, die sie gehabt, scheint gewesen zu sein, Edmund könne da zu aktiv vorgehen wollen, aber sie meinten schließlich, da es ja nur finanzielle Fragen seien, in denen etwas zu erreichen wäre, so schade das ja nichts. Mumm wurde dann abgesandt, bei uns anzufragen, und ich sagte gleich, ich sei dafür und glaubte, Edmund würde es auch sein. Mumm erzählte noch, man habe im Auswärtigen Amt eine gewisse Angst vor Edmund, weil seine letzten Berichte so sehr antienglisch gewesen seien und man von ihm fürchte, er würde eigene Politik treiben. Ich musste an Stumms Ausspruch denken: „Wenn einer in den Verdacht kommt, etwas leisten zu wollen, so wird er kaltgestellt." Übrigens kann Edmund höchstens gegen Holsteins Ideen gehandelt haben, Marschall und der Kaiser haben ihn stets gelobt und „so fortzufahren" aufgefordert. Erst am Nachmittag kam Edmund vom Amt zurück und, gottlob, mit dem Wechsel in seinen Aussichten sehr zufrieden. In welch einen Knäuel von Eifersuchten, Misstrauen, Intrigen und Strebereien hat er aber da hineingeschaut!

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