µ  Vorschlag eines Hilfsgütertransports

Eugen Wolf, 1897

[...] Bei dem Besuche, den uns der Chentai oder der beorderte Beamte des Ortes im Laufe des nächsten Vormittags auf dem Hausboote des Vizekonsuls, wo ich Quartier genommen hatte, abstattete, lenkte ich die Sprache auf das herrschende Elend und auf die Möglichkeit, den Reis durch Dampfer nach Tschung-king oder wenigstens bis nach Kwei-tschou an der Grenze Se-Tschuans schleppen zu lassen. Ich machte das Anerbieten, unterstützt sowohl vom englischen Vizekonsul wie auch von meinem Landsmann, dem chinesischen Zollkommissar, einen Schlepper auf mein Risiko durch die Stromschnellen zu führen, dann zurückzufahren, eine Reisdschunke ins Schlepptau zu nehmen, sie durch die Schnellen zu führen, dann mit dem Dampfer wieder umzudrehen, bis unterhalb der Schnellen, und den Dampfer unversehrt abzuliefern, um damit den Beweis zu liefern, dass die Stromschnellen für Dampfer nicht unüberwindlich, dass die ganze Sache kein Kunststück sei, und dass man nach dem ersten gelungenen Wagnis allen Reis in kürzester Zeit mitten im Hungersnotgebiet haben könne. Ich wollte alles Risiko für den Dampfer übernehmen, hatte mit einem englischen Schiffskapitän, der sich für das Projekt interessierte und Schneid in der Sache zeigte, die Abmachung getroffen, dass er den Dampfer führen solle, stellte dem Chentai, um seiner Mitwirkung ganz sicher zu sein, vor, wie sehr sein face (sein Gesicht, Ansehen, Renommee) dadurch gewinnen würde, und war ebenso wie meine beiden Begleiter zuversichtlich der Hoffnung, dass der Chentai an den Vizekönig telegraphieren würde, den und den Schleppdampfer (er lag zur Zeit in Schanghai) unverzüglich nach I-tschang laufen zu lassen, von wo er für meine Rechnung und Gefahr auf 14 Tage zu meiner Verfügung stehen sollte. Der Chentai versprach in Anbetracht der Wichtigkeit des Vorschlages, sofort an den Vizekönig zu telegraphieren und am nächsten Tage die Antwort nach I-tschang, wohin ich in Begleitung des englischen Vizekonsuls reiste, gelangen zu lassen. Wer Chinesen traut, auf Sand baut. Ich warte noch auf die Antwort.