µ Deutsche Niederlassung in Hankou

Deutsche in HankouEugen Wolf, 1896

[...] Etwa drei Kilometer östlich des weithin sichtbaren chinesischen Stadttores kam ich an einen mitten am Wege eingelassenen Sandstein, auf dem einige chinesische und zwei lateinische Buchstaben angeschrieben waren. Letztere entzifferte ich als D und IST. Ich zerbrach mir lange den Kopf, was diese beiden Buchstaben auf grauem Sandsteinblock mitten im Felde bedeuten könnten. Die Engländer übersetzten die Inschrift wie folgt: "Damned Nuisance" ("verdammter Übelstand"); die Deutschen "Deutsche Niederlassung". 

Von einer Niederlassung, einem deutschen Hause, einer Strasse oder Anlage dazu, einem Quai, Speicher oder Schuppen, die auf eine kommerzielle Niederlage schließen lassen könnten, war noch nicht das Tüpfelchen vom i zu sehen. Einige räudige Hunde suchten nach von den Schiffern weggeworfenen Mahlzeitresten, einige Schweine sielten sich im nahen Schlamm. Das sind vorläufig die Bewohner der "deutschen Niederlassung" zu Hankow, die, ohne Zweifel zu dutzenden Malen besichtigt, begangen, vermessen, photographiert, abgesteckt, parzelliert - wer weiß, ob nicht auch in Öl gemalt -, mit dem dazu gehörigen Grundbuche, mit den für deutsche Niederlassungen unentbehrlichen Orts- und Polizeivorschriften, betreffend das Herumlaufen der Hunde ohne Blechmarke und Maulkorb, das Klavierspielen nach zehn Uhr abends und das Aushängen von Teppichen über Balkonbrüstungen - in wohlnummerierten, richtig instradierten, mit blauen Deckeln versehenen Akten in Schanghai im kaiserlich deutschen Generalkonsulate ruht und ruhen wird bis in die Ewigkeit, bis die beiden in den Augen der Engländer eine "damned nuisance" bildenden Steine wohl einmal vom Germanischen Museum in Nürnberg reklamiert werden.