Landesgrenzen

Meyers Konversations-Lexikon, 1875

China, der volkreichste Staat der Erde und denn Umfang nach das zweitgrößte Reich in Asien, das vom der gesamten Bevölkerung der Erde den vierten Teil einnimmt und in seinen Anfängen als Einheitsstaat wahrscheinlich in das 3. Jahrhundert v. Chr. zurückreicht.

Es umfasst das Hochland Zentralasiens und seine östlichen Stufenländer, indem es sich durch 56 Längengrade (79—134° östlicher Länge v. Gr.) vom Westende des Karakorum bis zum Japanischen Meer, 5000 Kilometer. weit, und durch 34 Breitengrade (18° 9' bis 52° nördlicher Breite) vom Süd-Ende der Insel Hainan bis zur russischen Grenze im Norden, 3700 Kilometer weit, erstreckt.

Der Flächeninhalt dieses ungeheuren Ländergebiets wird zu höchstens 10 Mill. Quadratkilometer (180-190,000 QM.), die Zahl der Einwohner nicht höher als zu 400 Mill. angenommen werden dürfen.

Die Grenzen des Reichs lassen sich nur im allgemeinen angeben. Die Nord-Grenze gegen Sibirien wird im Osten (seit dem Vertrag von 1858) durch den Usuri und den Amur bezeichnet; weiter westlich sind deutliche Grenzlinien der Argun und Onon, zwischen welchen die Grenze etwas südlich vom 50.. Breitengrad unterm Tarei Nor hinzieht; westlich der Selenga sind das Sajanische Gebirge, einige Zweige des Altai und des Alatau als Grenze zu betrachten. Früher zog von hier die Grenze zuerst in südwestlicher, darin südlicher Richtung bis zum 38.° nördlicher Breite weiter; allein Turkestan muss für China als für alle Zeit verloren betrachtet werden, ebenso die westlichste Mongolei. Jetzt bildet etwa vom 82.° östlicher Länge v. Gr.. und 43.° nördlicher Breite an der Tianshan die Südgrenze, wendet sich dann östlich vom 92.° östlicher Länge südlich und wieder westlich, so dass die Khukhu Nor-Mongolen und Tibet zu China, Turkestan aber außerhalb desselben fallen. Im Süden ist der Himalaja die Grenze gegen Britisch-Indien, Nepal und Bhutan; sie senkt sich südlicher gegen Birma, Siam und Anam, ihre Linie ist hier wohl noch nie fest bestimmt worden. Die ganze übrige Grenze bildet das Meer: zunächst das südchinesische (Nanhai) mit dem Busen von Tongking, dann das ostchinesische Meer (Donghai), weiter nördlich das Gelbe Meer (Huanghai) mit dem Golf von Petscheli und das Japanische Meer. Die gesamte Länge der Küstenlinie schätzt man auf 5570 Kilometer.

Die Bestandteile des chinesischen Reichs in diesem Umfang sind:

das eigentliche China (4,020,000 Quadratkilometer oder 73,000 QM. groß mit 367,6 Mill. Einw.),

dann die Nebenländer:

Mandschurei (soweit dieselbe infolge der neueren russischen Okkupationen China verblieben ist, etwa 95,000 Quadratkilometer oder 17,200 QM. mit 3 Mill. Einw.)

Mongolei (3,377,000 Quadratkilometer oder 61,360 QM mit 3 Mill. Einw.), Tibet (1,b88,000QKilometer oder 30,650 QM. mit 2-3 Mill. Einw.),

Teile von Turkestan, in ihrem Umfang zur Zeit nicht zu bestimmen,

endlich als (nomineller) Tributstaat Korea (236,780 Quadratkilometer oder 4300 QM. mit 9 Mill. Einw.).

Vom Westland (Ili) geht von der Dsungarei (Tianshan Beilu) ein immer größeres Gebiet den Chinesen an die Rußen verloren;

Ostturkestan (Tianshan Nanlu) ist von Jakub Beg, dem Herrscher von Kaschgar, zu einem selbständigen Reich erhoben worden.

Die Lieu-khieu-Inseln, welche früher ebenfalls zum chinesischen Reich gerechnet wurden, gehören seit 1872 definitiv zu Japan.

Da das eigentliche China und die Nebenländer Chinas zwar ein einziges Reich bilden, aber nach Naturbeschaffenheit und Nationalität ungemein verschieden sind, auch in der lokalen und Provinzverwaltung vielfach Selbständigkeit bewahrt haben, so werden sie am zweckmäßigsten auch einzeln für sich besprochen, und wir beschäftigen uns hier nur mit dem eigentlichen China, indem wir rücksichtlich der übrigen Länder auf die betreffenden Artikel verweisen.