14. Juni 1899

Mit einem Dolmetscher von Kobe aus nach Osaka gefahren. Eine interessante blühende Handelsstadt mit amüsanten Vergnügungsstraßen, wo wir uns Theater und Ringkämpfe ansahen. Diese letzteren, in einer riesigen Arena, erinnerten so sehr an Beschreibungen altrömischer Kampfspiele, dass man dabei vollkommen das Gefühl des schon Erlebten hatte. Abends weiter nach Kioto, wo wir in dem hochgelegenen Jaamihotel wohnten, von dem aus man eine himmlische Aussicht auf die tiefgelegene Stadt hat mit ihren großen Tempeln und den jenseitigen Bergen. Ein japanisches Florenz. In der Stadt entzückten mich am meisten die Palais, besonders das des Shogun mit seinen wundervollen Malereien auf Goldgrund. Es frappiert, zu sehen, wie sehr japanische Kunst unsern Geschmack beeinflusst hat, und wie viel wir doch noch immer von ihnen lernen können in liebevollem Ausarbeiten des einzelnen, und vor allem im Maßhalten.

Von Kioto aus waren wir einen Tag in Nagoya, wo wir das alte Schloss besahen, das etwas an die Pekinger Tore und Türme erinnert. Den nächsten Tag in Jokohama, leider bei fürchterlichem Regenwetter, so dass wir von all den schönen Blicken auf den Fusi gar nichts hatten. Von dort nach Tokio, wo wir bei Graf Leyden in der hübschen Gesandtschaft mit Wedels frühstückten.

Leyden und Wedels klagen über Japan, das uns wie ein wahres Paradies erschien. Wie gern wäre ich dort geblieben. Wedels sind nur in Madrid und Paris gewesen, da erscheint ihnen Verbannung, was uns als ein Zivilisationszentrum vorkommt. Es wird eben mit verschiedenem Maß auf der Welt gemessen. Sie klagen auch darüber, dass Prinz Heinrich kommt, und wie leicht ist hier doch so ein Prinzenbesuch im Vergleich zu Peking.

Zurück nach Jokohama und gleich mehrtägige Tour unternommen nach dem reizenden Mijanoshita und nach dem Hakonesee, mit Rückweg über ein schwefelreiches Gebirge. Größtenteils zu Fuß und entzückt von der schönen Gegend. Dann fuhren wir nach Tokio zu dem Diner, das Graf Leyden für den Prinzen gab. Der Prinz begrüßte uns wie alte Freunde und trank Edmund bei Tisch zu, indem er sagte:

„Mit Ihnen geht mir doch das liebste Stückchen Ostasien verloren."

Alle Welt schaute sich nach uns um, und als der Prinz dann Abschied nahm, sagte er nochmals ganz laut zu uns:

„Ich danke Ihnen für alles, was Sie hier draußen für mich getan haben!"

Es amüsierte mich sehr, die vielen Japaner bei diesem Fest zu sehen; sie benehmen sich ganz manierlich, aber die wenigsten unter ihnen sprechen auch nur eine Silbe einer europäischen Sprache, und da nicht, wie in Peking, Dolmetscher dazwischen gesetzt werden, so sitzt man stumm nebeneinander. Wir blieben einige Tage und besahen uns alles gründlich. Die Gesellschaft würde vielleicht nicht ergiebiger sein, als in Peking, aber was bietet nicht alles dies bezaubernde Land. Bei unsrer Gesandtschaft scheint niemand zu sein, der das so recht genösse und verstände.

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