13. Dezember 1898

Auf heut 12 Uhr ist die Audienz festgesetzt worden. Das bis dahin warme Wetter hielt leider nicht an, und es wehte ein eisiger Nordwind; trotz dickster Pelze klapperte ich vor Kälte. Die sieben Gesandtinnen und vier Dolmetscher fanden sich in der englischen Gesandtschaft ein, von wo unser Zug sich in Bewegung setzte. Zirka 50 Reiter eskortierten uns, d. h. unsre eigenen Diener und die üblichen Polizisten, die auch die Gesandten zu den Audienzen abholen. Wir kamen am Kohlenhügel vorbei und von da ab standen chinesische Soldaten Spalier, für hiesige Verhältnisse sahen sie leidlich reinlich aus. Gegen 12 Uhr kamen wir am Chiao-yuan-Tor des Palastes an, wo wir unsre Sänften verließen und vom Prinzen Ching, den übrigen Mini­stern des Tsungli Yamen und einer Menge Hofbeamten empfangen wurden. Es waren meist ältere Leute, und sie sahen recht malerisch aus mit ihren pergamentartigen Gesichtern, den dunkelblauen, wappen­gestickten Röcken und den schönen Pelzen. Die meisten trugen Ketten aus Jadeperlen oder dicken Turquoiskugeln, was sich zu den übrigen Farben sehr gut ausnahm.

Wir bestiegen nun offne Stühle, die mit rotem Tuch überzogen waren, und wurden von je 6 Palasteunuchen getragen; die Dolmetscher gingen neben uns, und ich sagte zu Goltz: „Dieses Erlebnis hatten wir uns auch nicht vor 20 Jahren in Karlsruhe träumen lassen."

Der Weg führte vorbei an der Cheng Kuang Halle, die von 1891—94 als Audienzraum diente. Dann wurden wir über die Marmorbrücke getragen, von der aus man ein sehr hübsches Bild hätte haben können, wenn der Wind nur nicht so arg gewesen wäre, dass uns beinah Hüte und Decken weggeflogen wären. Rechts und links sieht man ziemlich große Seen, an deren Ufern Tempel und Pagoden zwischen Bäumen liegen. In den Seen befinden sich Inseln, auf denen Pavillons stehen mit hochgeschwungenen Dächern. Zum erstenmal, dass China so aussieht, wie man sich China vorgestellt hat.

Wir kamen nun durch das Tu-hua-Tor, hinter welchem auf einer am westlichen Seeufer entlangführenden Eisenbahn einige Salonwagen, aber ohne Lokomotive, bereit standen. Diese etwa eine halbe Meile lange Eisenbahn, Schienen und Wagen, ist ein Geschenk, das seinerzeit ein französisches Syndikat in der Hoffnung, mit der Wurst nach der Speckseite zu werfen, dem Vater des Kaisers verehrt hat, und die zum Gebrauch des Kaisers im Palastgarten untergebracht ist. Eine Dampfmaschine aber ist als zu „fremd" abgelehnt worden, und da der Betrieb durch Maultiere als zu unreinlich galt, so werden die Wagen durch Eunuchen gezogen. Diese armen Kerle, die entschieden einen harten Tag durch uns hatten, spannten sich denn an einem gelben Seile vor und zogen uns bis an den Eingang der Audienzhalle.

Rechts wurde der alte Peitang, die im Jahre 1886 von der katholischen Mission dem Kaiser retrozedierte Kirche, sichtbar, und dann passierten wir die wunderhübsch gelegene Tsu-kuang-Ko, die Halle des Purpur­glanzes, in der die erste Audienz im Jahr 1874 und dann noch einmal eine im Jahr 1891 stattfand. Alles sah reinlich und wohlgepflegt aus. Am Endpunkt der Eisenbahn wurden wir empfangen vom Prinzen Ching und von einer Menge dort aufgestellter Dienerinnen des Palastes, junge Mandschurinnen, die z. T. ganz hübsch waren, nur selbst für hiesige Begriffe gar zu arg geschminkt. Sie trugen grelle seidene Kleider und schienen eine Vorliebe für Rosa zu haben. An ihren breitabstehenden Frisuren waren große rosa Blumen angebracht. Jeder von uns waren drei solche Dienerinnen zugeteilt, und die Art, wie sie und die Eu­nuchen sich um uns bemühten und uns beim Gehen zu stützen suchten, erinnerte mich lebhaft an Kairoer Haremserlebnisse.

Nach Durchschreitung eines weiteren Tores gelangten wir in einen kleinen, ziemlich dürftigen Warteraum, wo uns mehrere Prinzessinnen empfingen, darunter die Frau des Prinzen Ching. Sie ist eine ältere Frau und zeigte ihre un­geschminkte Pergamenthaut. Ihre Lippe ist weit vorhängend, und ich glaube, dass ihr die ganze Geschichte gräulich war, obschon sie sich wie die übrigen sehr bemühte, liebenswürdig zu sein. Sie trug ein grünliches Seidenkleid, in das lila Lotosblumen eingewebt waren. Die jungen Prinzessinnen überboten noch ihre Dienerinnen in rosa Schminke, rosa Kleidern und rosa Blumen. Mit diesen Damen erschien auch der Obereunuche des Haushalts der Kaiserin, der zum Trost für sonstige Defekte Exzellenz und ein Hauptsqueezer ist.

Es ward uns nun angekündigt, dass auch der Kaiser uns sehen würde, und nach wenigen Minuten wurden wir aufgefordert, die Au­dienzhalle zu betreten. Wir schritten durch einen viereckigen Hof, in dem einige schöne Bronzen standen, und befanden uns darauf in der Audienzhalle I-lau-tien. Es ist ein mittelgroßer Raum, der Boden mit gemeinen Brüsseler Teppichen, die Wände dagegen mit schöner chinesischer Schnitzerei bedeckt. In der Mitte befand sich eine er­höhte Estrade, zu deren beiden Seiten kleine Treppen hinaufführten, und oben saßen, gleich rechts an der Treppe, ein schmächtiger groß­äugiger chinesischer Jüngling, der Kaiser, und weiter hinten in der Mitte und erhöhter, eine gelbe Frauengestalt mit harten energischen Zügen in dem ungeschminkten pergamentartigen Gesicht, die alte Kaiserin.

Nachdem wir uns alle unten aufgestellt hatten, wurden unsre Namen durch Prinz Ching dem Kaiser und der Kaiserin genannt, wobei wir uns verbeugten. Dann verlas Lady MacDonald ihre englische Begrüßungsadresse, deren chinesische Übersetzung durch Herrn Popoff erfolgte, wobei dieser rammolierte Greis mehrmals stecken blieb. Die Kaiserin murmelte darauf ein paar Worte zu dem neben ihr knienden Prinzen Ching, die uns dann wieder von den Dolmetschern übersetzt wurden. Ich hatte währenddem Zeit, mich etwas umzusehen. Wir standen unten in einem Gedränge von Eunuchen, und der Raum war für die Gelegenheit wirklich erstaunlich klein. Außer den Schnitzereien war nichts Schönes zu sehen. Vor der Estrade standen Chrysanthe­men in modernen king-kiang-Blumentöpfen.

Wir wurden nun aufgefordert, die Estrade hinaufzugehen, und man merkte der Aufgeregtheit der Chinesen an, in welcher Angst sie sich befanden, ob auch alles gut verlaufen würde. Wir gingen der Anciennität nach, zuerst Lady Macdonald, dann ich die Treppe rechts hinauf, und oben war die Estrade so schmal, daß man vor dem Kaiser stand, ohne eigentlich Platz zu haben, sich zu verbeugen. Ich machte tant bien que mal einen Plongeon und sah mir möglichst genau das sehr sympathische und gewinnende Gesicht des Kaisers an. Er hat einen traurigen müden Zug, in dem Augenblick aber siegte offenbar das Amüsement, all die merkwürdigen europäischen Frauen zu sehen, über seine Melancholie. Er lächelte mich freundlich an und gab mir halb verlegen sein gelbes dünnes Händchen. Wenn ich chinesisch könnte, so hätte ich sicher nicht der Versuchung widerstanden, ihm meine Sympathie für seine gescheiterten Bestrebungen auszusprechen. Etwas weiter zurück und erhöhter saß die Kaiserin; vor ihr stand ein Tisch mit gelber Atlasdecke, auf dem kleine goldene Schalen standen. Die Kaiserin streckte mir über den Tisch ihre Hand hin, hielt mich damit fest, und steckte mir mit der ändern Hand einen goldenen Ring mit einer Perle an den Finger. Währenddem erkundigte sie sich nach meiner Gesundheit, und Goltz, der nahe herangetreten war, verdol­metschte von unten aus. Ich war sehr froh, darauf bestanden zu haben, dass Goltz mitgehen müsse. Nachdem wir alle oben vorbeidefiliert, und somit die eigentliche Audienz vorüber war, merkte man recht den Chinesen die Erleichterung an, dass alles sans accroc vorübergegangen sei. Wir wurden nun aufgefordert, in einen durch einige Höfe ge­trennten Raum zu gehen, um eine Mahlzeit einzunehmen. Diese war in der Chun-ngo-chau genannten Halle bereitet, in der einer der frü­heren Kaiser seine Audienzen hielt. Ein größerer Raum, der ganz und gar mit Holzwerk getäfelt ist. In der Mitte stand ein großes chine­sisches Ruhebett aus geschnitztem, schwarzen Holz, es hatte einen weitvorspringenden Baldachin und die Rückwand war von einer sehr schönen Stickerei, große Vögel auf creme Atlas, gebildet. Um dieses Paradebett standen große Pflanzen in Porzellantöpfen, besonders viele sogenannte Buddhafinger, dahinter erhoben sich große Wedel aus Pfauenfedern und von der getäfelten Decke hingen elektrische Lampen herab, was zusammen mit der allgemeinen Sauberkeit einen für Peking ganz verblüffenden Eindruck machte.

In der Halle standen zwei Tische, die mit mindestens hundert Schüssel­chen chinesischer Leckerbissen besetzt waren. An dem einen nahmen die Dolmetscher Platz mit Beamten des kaiserlichen Haushalts. An den än­dern Tisch setzten wir uns mit den zirka 10 Prinzessinnen. Prinz Ching aber hatte sich zu uns an ein Nebentischchen gesetzt, und es dolmetsch­ten für uns zwei Chinesen, die recht gut französisch und englisch konnten. Wir hatten nun Zeit, die Prinzessinnen zu studieren, unter denen auch ein zehnjähriges kleines Mädchen war. Sie trugen alle rosa Kleider mit grellen Borten besetzt, und in den Haaren einen etwa l1/2 Fuß langen Kamm, an dem große rote Quasten und rosa Blumen angebracht waren, so dass die Breite des Kopfes größer als die der Schultern war. Vorn im Haar und auf der Stirn trugen sie mehrere Schmuckreihen, hauptsächlich Perlen, und die beliebtesten Motive waren offenbar Phönixe und Drachen. An den kleinen Fingern hatten sie alle goldene Nägelfutterale und jede so einen Ring, wie die Kaiserin ihn uns geschenkt hatte. Sie sagten, die seien ausschließlich für die Verwandten der Kaiserin bestimmt. Die Prinzessinnen legten uns selbst vor und tranken uns mit chinesischem Branntwein zu in Jadeschalen. Die Eunuchen halfen servieren, und unter ihnen befand sich auch der berühmte Günstling der Kaiserin, der falsche Eunuche, der den Spitz­namen „kleiner Schuster" trägt, von einem Ledergeschäft seiner Eltern.

Nach dieser Mahlzeit gingen wir in die kleinen Nebenräume, wo allerhand chinesische Bibelots standen, und es so ungefähr wie in einem eleganteren Kuriositätenladen aussah. Dort wurde geraucht, d. h. von allen Prinzessinnen. Von den europäischen Damen rauchte nur ich. Dann wurden wir in den Speisesaal zurückgerufen, aus dem mittlerweile die Esstische verschwunden waren, und die Kaiserin erschien nochmals. Sie kam hereingegangen auf Eunuchen gestützt, und wir konnten sie jetzt viel besser sehen, als auf der etwas dunklen Estrade. Sie sieht 10 Jahre jünger aus als sie ist, dabei ganz unge­schminkt, nur den Augenbrauen ist etwas nachgeholfen, was die Härte des Gesichtsausdrucks noch erhöht. Ihr Haar ist schwarz, nur am Nacken fängt es an, zu ergrauen. Sie war viel einfacher als die Prin­zessinnen frisiert, und trug nur den breit abstehenden Kamm und über der Stirn und um den Hals sehr große, aber ganz flache Perlen. Ihr Kleid war aus gelbem Atlas mit hineingewebten lila Lotosblumen und mit lila Borten besetzt, in die silberne Reiher eingestickt waren. Dazu trug sie einen prachtvollen goldgelben Crepe-de-Chine-Mantel, der ganz und gar mit lila Hortensien bestickt und mit weißem Fuchspelz gefüttert war.

Die Kaiserin setzte sich zuerst auf einen roten Lacksessel, der mit einer Zobeldecke belegt war, und sagte uns, wie sehr sie sich freue, uns bei sich zu sehen. Sie betrachte uns als zu ihrer Familie gehörig, und wies dabei zur Bekräftigung auf ihre Hand, um zu zeigen, dass sie genau denselben Ring trüge, wie sie ihn uns soeben geschenkt habe. Lady MacDonald sagte darauf, wir hofften die Kaiserin noch oft zu sehen, und sie erwiderte darauf, Mitglieder von einer Familie könnten sich nicht oft genug sehen. Darauf erschien die junge Kaiserin, die wie alle die übrigen Prinzessinnen aussah, nur dabei recht verschüchtert. Die alte Kaiserin sagte ihr etwas, und darauf ging sie auf jede von uns zu und reichte uns die Hand. Die alte Kaiserin sagte darauf, sie würde uns außer den Ringen noch andere Geschenke machen, und es wurden allerhand gelbe Kasten angeschleppt, die wir zu Hause vorfinden würden. Nachdem wir uns bedankt, stand die alte Kaiserin auf und trat ganz dicht an uns heran, sie war ganz umdrängt und ich konnte bei den Chinesen nichts von der furchtbaren Angst merken, die sie vor ihr haben sollen. Prinz Ching war der einzige, der jedes Mal, wenn er mit ihr sprach, sich wieder hinkniete. Sie sprach nun mit jeder einzelnen von uns und sagte mir, dass sie von meinem Malen gehört habe. Ich antwortete der Kaiserin deutsch und möglichst laut, dass ich mit großer Bewunderung die Malerei gesehen habe, die sie für den Prinzen Hein­rich gemacht, der zuerst den Anstoß zu dem Empfang der europäi­schen Damen gegeben habe. Goltz übersetzte dies. Nachdem die Kaiserin mit jeder Dame einzeln gesprochen hatte, ließ sie uns jeder eine Tasse Tee reichen; zuerst mussten wir aus unsrer Tasse trinken, dann trank sie daraus, dann wir noch einmal. Nachdem sie dies mit jeder Dame getan, küsste sie jede auf die Backe und erklärte, von nun ab seien wir Schwestern.

Es war dies eine sehr komische Zeremonie, die übrigens gegen allen chinesischen Brauch gehen soll. Ich hatte die Empfindung, dass die alte Kaiserin absolut einen guten Eindruck auf uns machen wollte, um alle Gräueltaten wegzuwischen, die wir während der letzten zwei Monate von ihr gehört haben. Dabei verlor sie etwas das Maß.

Wir wurden nun aufgefordert, uns zur Beiwohnung einer Theater­vorstellung in den I-nien-tien genannten Raum zu begeben. Der Weg dahin führte unter Galerien, in denen zahllose große Laternen hingen, durch eine Menge Höfe, an reizenden Pavillons vorbei, die von Wasser umgeben sind. Jetzt war das Wasser gefroren, aber im Sommer muss es reizend aussehen, wenn sich alle diese Erker mit geschwungenen Dächern und den weißen Marmorbrücken in dem Wasser widerspiegeln. Die I-nien-tien, in der auch die Theatervorstellungen statt­finden, zu denen die höchsten Würdenträger des Reiches befohlen wer­den, unterscheidet sich von ändern chinesischen Theatern nur durch die größere Sauberkeit. Die Darsteller sind alles Eunuchen, Zutritt haben natürlich nur die höchsten Hofbeamten und die besonders ge­ladenen Gäste. In einer großen einstöckigen, jetzt im Winter mit einem Glasdach bedeckten Halle, in der einige Bäume stehen, ist in der Mitte eine viereckige Bühne aufgeschlagen. Der ganze Raum ist mit rotem Tuch bekleidet, an den Galerien und Säulen waren scheußliche Drachen aus buntem Tuch angebracht und geschmacklose Fransen und Troddeln. Die Kaiserin, der Kaiser und einige Prinzen, unter denen sich auch ein dickes rundes Kind befand, nahmen in einer Art großer Loge Platz, die sich gerade gegenüber der Bühne befindet und vorn bis zur Erde reichende Glasscheiben als Türen hat. Wir mit dem Prinz Ching und den Prinzessinnen saßen in einer Art Glasgalerie rechts von der Bühne. Wir konnten gerade in die Loge der Kaiserin hineinschauen. Sie war in all ihrem goldgelbem Staat in einer Art Kang etabliert, während der arme junge Kaiser dahinterstand, und nur ein kleines rot und grünes Seidenkleid trug, nachdem ihm alles Gelb von ihr verboten worden ist. Ob er wohl auch der Meinung ist, dass man von seinen Verwandten nie genug sehen kann?

Das erste auf dem gelben Theaterzettel angegebene Stück hieß: „Wu-fu-wu-tai." Es war eine allegorische balletartige Pantomime, die den Wunsch ausdrücken sollte, dass die fünf glücklichen Umstände oder Segnungen (wu-fu), langes Leben, Reichtum, Heiterkeit, Tugend, ein glückliches Ende, fünf Generationen (wu-tai) zuteil werden möchten. Da das Wort für „Fledermaus" im chinesischen „fu" gesprochen wird, ist die Fledermaus ein Symbol des Glücks, die fünf Segnungen wurden durch fünf rotgekleidete Leute in Fledermauskostüm dargestellt. Eben­so ist die Bedeutung eines Gürtels gleichlautend mit der einer Genera­tion, tai, die fünf Generationen wurden durch ebenso viele Gürtel ange­deutet. Fledermäuse und Gürtel führten einen wilden Tanz auf zwischen Scharen anderer Balleteure, die als Wolken verkleidet waren, und ver­einigten sich schließlich zu einem großen lebendem Bild, auf dem die Figuren den Schriftcharakter für Glück darstellten. Das zweite Stück hieß: Hua-hu-tieh, der bunte Schmetterling. Es war ein Singspiel, das die Abenteuer eines wie ein bunter Schmetterling gekleideten und ge­wandten Räubers zum Inhalt hatte.

Während der Vorstellung brachte ein Eunuch die Mitteilung, dass die Regentin auch die Verleihung von je vier Seidenrollen an die Dol­metscher als Geschenk verfügt habe. Ungefähr um 3 Uhr verließen wir das Theater, wo es recht langweilig und recht kalt gewesen war. Die Dienerinnen frugen uns, und zwar durch die chinesischen Dolmetscher, ob wir auf das W. G. zu gehen wünschten. Ein paar Damen, deren Wissensdrang keine Grenzen kannte, bejahten dies und wurden von den Eunuchen und Dienerinnen abgeführt. Sie sagten, es sei dort alles sehr reinlich gewesen, nur hätten sie sich kaum des Diensteifers der Dienerinnen erwehren können, und als sie herausgekommen seien, hätten sie alle Palastbeamten teilnehmend gefragt: „Chau, buchau?" d. h. gut oder schlecht! — Es folgte nun eine zweite Mahlzeit, von etwa hundert Schüsseln, was wie alle Recommencements im Leben au charme mangelte. Dann kam die Kaiserin nochmals, sagte uns aller­hand Liebenswürdiges und entließ uns. Der Rückweg verlief genau wie der Hinweg, aber mehr wie je fielen mir Schmutz und Gestank in den Straßen auf, sobald wir den Palast verlassen hatten. In Peking sieht man recht drastisch, dass es vielen schlecht gehen muss, damit es einigen wenigen gut gehen kann. Die wenigen haben natürlich kein Interesse daran, etwas an diesem Tatbestand zu ändern, und die vielen sind hier viel zu indolent und stier, um es zu versuchen.

Zu Hause wurden die kaiserlichen Geschenke gebracht: Vier Rollen ganz unbenutzbarer Seide, grell und schreiend, zwei seidene Taschentücher, die wie so vieles in China maupings hatten, und dann als Komischstes zwei Kasten voll chinesischer Kämme aller denkbaren Modelle und Sorten. So war auch dieses kuriose Erlebnis vorüber.

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