7. Dezember 1897

Edmund hatte wieder eine lange Sitzung mit seinen beiden Mandarinen und telegraphierte dann nach Berlin:

„Habe Weng tung ho und Chang yin huan heute vorgeschlagen, dass, nachdem wir Missionsangelegenheit als völlig geordnet erklärt und auf Entschädigung für Reichskosten verzichtet haben werden, Kaiser von China aus freier Entschließung und aus Dankbarkeit für Liaotung dem Prinzen Heinrich die Kiautschou-Bucht übergeben möge, wobei ich darauf hingewiesen, dass hierdurch dem Prinzenbesuch ein eminent freundschaftlicher Charakter aufgeprägt werden würde, im Gegensatz zum jetzigen Eindruck.

Im Prinzip akzeptierten die Mandarine, anbieten jedoch, Kiautschou zum Vertragshafen zu erklären, und versprechen, dass er keiner andern Macht angeboten werde, dass wir dort eine Niederlassung nebst Eisenbahn erhalten, und dass uns außerdem ein andrer Hafen im Süden abgetreten werde.

Da ich vorläufig auf Kiautschou bestand, haben Mandarine dies nicht ganz abgewiesen, sondern nur betont, dass Chinas Ansehen durch ihren Vorschlag wiederhergestellt werden würde, und gebeten, ihn S. M. zu unterbreiten.

Als Bedingung stellen Chinesen bisher, dass wir Kiautschou räumen, ehe Übergabe eines Hafens, welcher es auch sei, stattfindet und ehe Prinz Heinrich eintrifft. Annahme südlichen Hafens zugleich mit den uns in Kiautschou zugestandenen Vergünstigungen erscheint für uns vorteilhafter.

Für Chinesen liegt Vorteil in Wahrung äußeren Scheins und Sicherung Kiautschous gegen irgendwelche Ansprüche. Mandarine drängen auf Abschluss, wie mir scheint, aus Besorgnis vor Territorialangriffen Englands oder Japans."

Die Anerbieten der Chinesen sind eigentlich viel günstiger, als was wir uns selbst ausgebeten haben, denn bei den Vorteilen, die wir in Kiautschou haben sollen, kommt es praktisch darauf heraus, dass wir statt einen, zwei Häfen erhalten. Wir wären damit auch alle Dankbarkeitsverpflichtungen gegen die Russen los, nur ist es wohl möglich, dass ihnen Kiautschou als Vertragshafen noch fataler wie als deutsche Kolonie wäre.

Wenn es ihnen in Berlin darauf ankommt, viel und in Frieden zu bekommen, so müssen sie mit Edmund zufrieden sein; wir haben aber manchmal unsre Zweifel daran, weil wir fürchten, dass zwischen den Ansichten des Auswärtigen Amts und der Marine nicht voller Einklang herrscht.

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