3. Dezember 1897

Nach dem Tiffin erschienen wieder Weng tung ho und Chang yin huan und saßen bis nach 5 bei Edmund. Sämtliche Forderungen sind durchgesprochen und bewilligt worden. Die Absetzung Li pings haben sie sehr geschickt motiviert: „Er habe so viele Ungelegenheiten bereitet, dass der Kaiser seines Treibens müde geworden sei!" Über die Forderung: „Ersatz der dem deutschen Reich entstandenen Kosten" ist lange gesprochen worden. Sie sagten, China habe momentan sehr wenig Mittel, und das möge bei den Forderungen bedacht werden.

Edmund erwiderte: „Es gäbe ein Mittel, wodurch die Kosten für China sich vielleicht herabmindern ließen." Darauf sagten sie, ja, sie wüssten wohl, worauf das hinausliefe. Herr von Marschall habe ja schon dem Gesandten Ha su gesagt, dass wir eine Flottenstation haben wollten, und jetzt habe das Chang yin huan bei seiner europäischen Reise auch wieder gehört, und da sie Deutschland wegen Liaotung viel Dank schuldig seien, würden sie sich auch entschließen, uns eine Flottenstation zu geben. Aber wir möchten uns doch einen andern Punkt als Kiautschou aussuchen, einen Hafen in dem soviel reicheren Süden, wo doch auch unsere Handelsinteressen lägen. Wenn die Besetzung Kiautschous zu einer dauernden Okkupation würde, so wäre damit in Europa der Glauben erweckt, jeder könne sich hier nehmen, was er wolle, und China sei ganz wehrlos. Sie gäben ja zu, dass sie das seien, aber hieraus könne der Untergang Chinas entstehen.

Edmund antwortete, Deutschland wünsche sehr, dass China nicht nur fortbestehe, sondern sich auch kräftigen möge, und gerade deshalb solle es doch China gern sehen, wenn wir uns hier im Norden festsetzten, wo wir dann China eine Hilfe sein könnten und ein Gegengewicht gegen andre, z. B. gegen Japaner. „Ja", sagten sie, „die Einmischungen der Japaner sind uns sehr unangenehm."

Abends bekam Edmund ein Telegramm zu lesen, das der japanische Gesandte aus Berlin erhalten. Unser Kaiser habe den Reichstag eröffnet und dabei gesagt, die Flotte sei ungenügend für den Schutz der deutschen Interessen. Soeben habe er das Geschwader in Ostasien verstärken müssen, um Sühne für die Morde in Shantung zu verlangen und die Kiautschou-Bucht dazu besetzen lassen. Diese Worte seien mit enthusiastischen Bravos aufgenommen worden, und abends im Reuter-Telegramm stand: Nach seiner eigentlichen Rede habe der Kaiser sich an die Abgeordneten gewandt und ihnen gesagt, er habe nicht gezaudert, seinen einzigen Bruder jetzt nach China zu schicken.

Index