14. November 1897

Morgens 10 Uhr in Chefoo , wo gleich Lenz an Bord kam. Er hatte ein Telegramm aus Berlin für den Admiral, welches er nach Kiautschou sowohl telegraphisch wie durch reitenden Boten befördert hatte. Es war in Marinechiffre, worin immer Worte en clair sind, und wir konnten daraus entnehmen, dass es sich um einen Aufschub handelte. Die Sache erschreckte uns etwas, aber wir nahmen schließlich an, man wünsche in Berlin, dass Edmund zuerst die Forderungen stelle und nachher besetzt werde, was, wie die Daten bisher vereinbart, kaum mehr möglich gewesen wäre.

Während wir noch im Hafen lagen, änderte sich das Wetter, es begann Wind zu wehen, die See kräuselte sich, und man sah einzelne Kämme. Als Dr. Lenz das Schiff verließ, war schon eine starke See, so dass sein Boot hin und her geworfen wurde. Trotzdem lichteten wir um 2 Uhr die Anker und verließen den Hafen in dem Moment, als auf der Signalstation das Zeichen „Sturm" aufging. And storm it was! wie ich mich nicht erinnere, je einen ärgeren mitgemacht zu haben; dabei ein sehr kleines Schiff, welches alle schwere Ladung in Chefoo gelöscht hatte, nur noch Petroleum führte und so leicht war, dass es sogar von kleinen Wellen hin und her geworfen wurde. Das Stampfen und Rollen war unbeschreiblich. Alles im Schiff schien lose geworden und schlug und dröhnte gegeneinander; wir schwankten so, dass wir beständig Wasser schöpften.

Zum Diner kam nur Edmund und der Maschinist. Der Kapitän war, pour comble de malheur, infolge von Chefoo-Cocktails seekrank.

Zwischen 9 und 10 lag ich zu Bett und Edmund auf dem Sofa, als plötzlich ein rasender Krach kam. Das Schiff senkte sich, als müsse es umschlagen, der Lärm war furchtbar; Koffer, eiserner Chiffrekasten flogen von einer Kabine in die andere. Gleich darauf kam der Kapitän und sagte, er hielte es nicht für sicher, gegen den Sturm weiterzufahren, und würde versuchen, einen Nothafen anzulaufen.

Wir befanden uns auf der Höhe der Miaotau-Inseln und liefen in die kleine Bucht Hope-sound ein, wo wir nachts vor Anker gingen. Aber auch dann war das Rollen noch immer furchtbar, und Edmund und ich waren, ohne uns darüber ausgesprochen zu haben, in der gleichen Angst, ob unsre Ankerketten halten und wir nicht am Ende zwischen den Felsen ins Treiben geraten und scheitern würden. Ich hatte mir vorgenommen, Schmuck, Tagebuch und vor allem den Chiffre zu retten. Die ganze Nacht in Kleidern auf dem Bett gelegen. Unvergesslich scheußliche Stunden.

Index