28. Oktober 1897

Der „Cormoran" ist eigens nach Hankou gekommen, um Edmund nach Wuchang zu bringen, wo der Vizekönig Tshang tshi tung wohnt, den Edmund besuchen wollte und der ihm den Besuch nur an Bord eines Kriegsschiffes erwidern konnte.

Wir dampften langsam den Fluss hinauf und hatten schöne Blicke auf die Stadt Wuchang mit ihrem alten Gemäuer und dem so sehr malerischen Reihertempel. Begleitet wurden wir von einer chinesischen Jacht, die die deutsche Flagge trug, und sie salutierte, worauf wir vom „Cormoran" dies erwiderten. Gegen elf waren wir vor der verabredeten Haltestelle, wo wir eine Menge chinesischer Soldaten aufgestellt sahen, grüne Stühle, rotgekleidete Diener und sogar ein roter Schirm als höchstes Ehrenzeichen auf Edmund warteten.

Einer der deutschen Instrukteure, die im Dienst Tshang tshi tungs stehen, ein etwas dunkler Ehrenmann, kam an Bord in einer Phantasieuniform, um Edmund im Namen des Vizekönigs zu bewillkommnen. Dann verließ Edmund den „Cormoran" mit seinem ganzen Gefolge von Zivil- und Militärherren, unter denen sich Herr von Teichmann in seiner schönen Kürassieruniform mit Helm besonders gut ausnahm. Ich blieb an Bord und sah der Abfahrt und Landung zu. Und diese, auf einer schmutzigen braunen Treppe, die dicht besetzt war mit einem Gewühl blaugekleideter Chinesen, war wieder mal so recht chinesisch. Alles an Land sah ärmlich, unreinlich, verlottert aus; die reinen weißen deutschen Boote bildeten einen Trost fürs Herz!

Dreieinhalb Stunden waren die Herren abwesend; endlich kehrten sie wieder unter erneutem, sinnlosem Schießen der Jacht und eines anderen, ganz abenteuerlich aussehenden chinesischen Schiffes zurück. An den Besuch hatte sich ein chinesisches Diner von zirka 100 Gängen angeschlossen, wodurch sich das Fest so unendlich ausgedehnt hatte. Der Besuch selbst soll darin sehr komisch gewesen sein, dass Tshang tshi tung 10 Minuten ganz schweigend dagesessen habe, ehe er endlich zu sprechen begann. Edmund war dabei die Geduld ausgegangen, und nicht wissend, dass ein Deutsch redender Chinese anwesend war, hatte er seinen Herren gesagt: „Wenn er nun nicht bald anfängt, gehe ich ab!"

Als es endlich zum Gespräch kam, nahm Edmund die Gelegenheit wahr, Tshang tshi tung Falkenhayn ans Herz zu legen. Bald danach erfolgte der Gegenbesuch des Tshang tshi tung an Bord des „Cormoran". Er kam in einem Boot, von einer Pinasse gezogen, daneben mehrere andere Boote voller Mandarinen und rotgekleideter Soldaten und merkwürdigerweise auch ein paar Dschunken voller Tragstühle. Erneutes sinnloses Schießen der chinesischen Schiffe. Von der Campagne aus konnte ich alles gut sehen. Tshang tshi tung sieht aus wie ein kostbares Elfenbeinmännchen, und sein langer Bart gibt ihm merkwürdigerweise etwas Jüdisches. Im Vergleich zu den Pekinger Chinesen sehen alle hiesigen aber doch viel reinlicher und besser soigniert aus. Edmund und all die andern Herren standen am Fallreep, um Tshang zu erwarten.

Als nun Edmund ihn auf die aufgestellte Ehrenwache aufmerksam machte, verstand der alte Herr dies nicht und meinte, Edmund fordere ihn auf, die steile Lazarettreppe hinabzuklettern, und er schickt sich auch an, dies trotz seiner Jahre unerschrocken zu tun, als er noch glücklich zurückgehalten wurde. Kapitän Brussatis, den Deutsch sprechenden Chinesen vergessend, rief aus: „Da war' mir der alte Kerl beinah in das Loch hineingekrochen!"

Die Chinesen blieben nun eine halbe Stunde an Bord; es wurde von der Kapelle gespielt und zum Schluss noch Kanonen gezeigt. Dann verließ Tshang tshi tung den „Cormoran", der einen Salut abfeuerte, welcher wieder von der chinesischen Jacht beantwortet wurde. Damit war des Tages Arbeit vorbei. Ich habe noch nie soviel schießen hören und hatte vollstes Mitgefühl für den Kapitänshund, der wimmernd und winselnd herumkroch.

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