27. Oktober 1897

Morgens ganz früh kamen wir in Hankou an, und es begrüßten uns auf dem Schiff der Konsul Thyen und Herr und Frau von Falkenhayn, zwei reizende Menschen. Er ist hier an der Militärschule.

Wir gingen gleich an Land und waren ganz erstaunt, einen reizenden „bund" zu finden, mit großen luftigen Häusern, die sehr an Kalkutta erinnern. Hankou gefiel uns gleich auf den ersten Blick über alles Erwarten gut. Das europäische Settlement ist sauber und freundlich, und davor liegt der mächtige breite Fluss, auf dem hier auch wirklich reges Leben herrscht. Rotbeflaggte Kriegsdschun­ken feuerten einen Salut, und viele „sampans" und große Boote mit blauen und gestreiften Segeln fahren am „bund" vorbei.

Die Besichtigung der Stadt begannen wir gleich damit, dass wir per Rickshaws zur deutschen Niederlassung fuhren, deren Lage am Fluss und bei der künftigen Eisenbahn ganz vortrefflich ist. Mit etwas Unternehmungsgeist kann daraus Großes geschaffen werden. Hoffentlich fürchtet man sich nicht, den Reichstag um Geld anzugehen. Von dort fuhren wir nach dem italienischen Konvent, und die netten Schwestern zeigten uns die Säle voll chinesischer Frauen und kleiner Mädchen, die alle Spitzen machen und Stickereien. Dann kamen wir an einer Teeziegelfabrik vorbei. Die ganze Straße duftete danach. Nach dem Tiffin fuhren wir per Steamlaunch den Fluss hinauf. Das Wetter war köstlich und die seltsamen braunen Häuser, die vielen Boote, die geschwungenen Tempeldächer so recht, wie man sich China gedacht hat.

Mittags war der „Cormoran" angekommen, und zum Diner in das Konsulat kamen mehrere der Offiziere Falkenhayns. Herr von Falkenhayn ist, wie so viele Leute, mit großen Hoffnungen nach China gekommen und ist enttäuscht, hier nichts erreichen zu können, weil er eben an chinesischem Dünkel, Misstrauen und Fremdenhass scheitert. Die Marineherren sind ebenso freudig im Gedanken an die Flottenstation herausgekommen, aber Monat um Monat vergeht, es geschieht nichts, und auch sie verlieren den Mut. Wenn es doch Edmund gelingen wollte, in Berlin etwas Schneid und Unternehmungsgeist wachrufen.

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