18. September 1897

Ein Telegramm von Didi, Onkel Edmund sei gestorben. Ich kann es nicht aussprechen, wie mich das betrübt. Wohl niemand verliert soviel an ihm wie ich, denn seit Jahren ist er so gut zu mir gewesen, wie Papa nicht hätte besser sein können. Den Kindern hat er in Buckow das schönste hörne gewährt, und für mich ist es, solang er lebte, ein wirkliches Zuhause geblieben. Das fällt nun alles weg und ein Lebensabschnitt schließt mit seinem Tode, und mehr denn je werde ich von nun an das Gefühl haben, ein Blatt im Winde zu sein und kein Fleckchen Erde mehr zu wissen, wo ich wirklich hingehöre.

Vor kurzer Zeit war er noch so frisch und freute sich so am Leben. Und so viele ganz alte Leute bleiben weiter, die ändern nur eine Last sind. Warum konnte er nicht noch ein bisschen leben, der soviel Gutes tat und für mich wie eine Vorsehung war?

Buckow und Grossen werde ich wohl nie wiedersehen, und es ist ein sehr wehes Gefühl, Orte, die man so liebt, an Fremde gehen zu sehen. Für mich hatte dort jeder Baum und jeder Stein seine Sprache, die ich verstand. Die letzten Urlaubszeiten aus Kairo habe ich so sehr in Buckow genossen, nun ist das alles vorbei; mit dem armen Onkel Edmund habe ich Papa und meine Jugend ein zweites Mal verloren. Mir ist jetzt oft zumute, als sei die schönste Zeit des Lebens vorüber, ohne dass ich es im Augenblick gewusst hatte.

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