16. Juli 1897

Mit Herrn Krebs morgens ab nach Fa hei sse; die Wege so schlecht, dass Edmunds Sänfte ein paar Mal beinah umschlug.

Es war aber eine wahre Wonne aus der Stadt heraus zu sein; es ist mir jedes Mal, als würde mir eine große Sorgenlast abgenommen — ich habe noch nie eine so deprimierende Stadt wie Peking gesehen. Und das Land ist im Gegenteil so schön. Wir wollten eigentlich nur für einen Tag nach Fa hai sse, um dann den Umzug von Peking aus zu besorgen, beschlossen aber gleich draußen zu bleiben.

Fa hai sse liegt oberhalb des Städtchens Murshi ko, an einer Art Bergmulde zwischen einem Gehölz von Lebensbäumchen. Schlängelnde Wege führen hinauf durch grüne Wiesen, über die vom Berg herab jetzt trockene Bachbetten ziehen. Am Eingang des Tempels, zu beiden Seiten des großen gelbdachigen Tores stehen hohe alte Zedern. Dann kommt man in einen malerischen alten Hof mit verfallenen Glockentürmchen. zwei Steinschildkröten, deren hohe Stelen von überhängenden Akazien beschattet werden, und einer hohen imposanten Treppe, die zum eigentlichen Tempel führt.

Unsre Zimmer liegen um einen viereckigen Hof, in welchem zwei herrliche weißstämmige Kiefern stehen, mit alten Bronzevasen und Räucherbecken und Stelen und Säulen aus verwittertem Stein. Der Farbeneffekt der graublauen Stämme, die sich kalt und gespensterhaft von den warmen grün­grauen Steintönen abheben, ist ganz entzückend.

Außer unsern rechtmäßigen Zimmern eroberten wir in hartem Kampf von den Priestern noch die Eingangs-Götterhalle, zur Benutzung als Wohn- und Speisezimmer. In ihr steht ein Altar voll bronzener Götter, mit Räucher­becken und Vasen davor. An beiden Schmalseiten des Tempels sitzen auf erhöhter Estrade und in dreifacher Lebensgröße vier groteske Kriegergestalten, welche man in vielen chinesischen Tempeln trifft, und welche die Geister der vier Weltrichtungen darstellen. Sie tragen seltsame Rüstungen und unter ihren Füßen kauern Teufelsgestalten. Die eine Figur spielt stets Gitarre. All dies stammt aus der Zeit der Tempelerbauung, 1440, und war wohl selten seitdem gereinigt worden.

Mit Hilfe unsrer christlichen Boys wurden die Götzen vor allem von mir gehörig getübbed, Altar und Bronzen schräg in eine Ecke gestellt, und dann der ganze Raum wohnlich mit Möbeln und indischen Draperien hergerichtet. Eine besonders schöne Bronzefigur, welche mit gefalteten Händen zu beten scheint, stellte ich auf ein hohes Postament an eine der roten Säulen gelehnt, welche das hohe Giebeldach tragen, und sie sieht jetzt ganz wie eine gotische Figur an einem Pfeiler aus. Während der nächsten Tage war ein recht unbehaglicher Zustand des Einrichtens und Tapezierens und ich wohnte in allen möglichen Winkeln, zwischen Petroleum- und Sardinenbüchsen, während die Arbeiter die eigentlichen Zimmer vornahmen. In all diese Konfusion kam der Bau­meister Schiele hinein, der die Bauten an der Gesandtschaft machen soll.

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