8. Mai 1897

Ich stand morgens vor fünf auf, um einige Tage nach Pi yün sse zu ziehen. Ich ließ mich tragen, und der kleine Dr. Merklinghaus, der zum Schutz mitgeht, fuhr im Karren nebenher. Er nimmt seine Rolle sehr ernst und teilte mir mit, er trage Revolver und Apotheke bei sich. Um 6 von Peking weg, waren wir um 10 in Pi yün sse und fanden dort das Wohnhaus von Wey chiang reizend dekoriert, mit indischen Stoffen und Blumensträußen. Frau von Prittwitz, die einige Tage bei mir bleiben will, kam nach und zum Tiffin fand sich Czikann mit all seinen Herren ein. Es war sehr gelungen und machte Koch und Diener in der Wildnis alle Ehre.

Wir blieben bis zum 20. Mai in Pi yün sse zusammen und malten eifrig die schönen Höfe, Buddhas und die Pagode. Wegen der gerade stattfindenden Frühlingswallfahrten, welche täglich Hunderte von Pil­gern herbrachten, versuchten die Mönche uns erst wezukomplimentieren, aber all ihre Versuche scheiterten an unser m Entschluss, ruhig dort zu bleiben. Die Scharen von Pilgern besahen sich unsre Malereien zwar mit größter Neugier, waren aber nie unverschämt.

Einigemal waren wir auch in dem neben Pi yün sse gelegenen kaiserlichen Jagd­park; ich malte dort die Fassade des gleichzeitig wie der Sommerpalast zerstörten Palais. Die grünen Wiesen voll wilder Blumen, vor allem blauer Iris, waren ein ungewohnter Anblick, und noch ungewohnter die wirklich schön gehaltenen Wege. Sehr malerisch sind die Trümmer des Palais mit den Resten eines goldenen Daches und ein großes Schwimmbassin, in dem sich jetzt rote Fische zwischen Entengrütze tummeln. Der geschnitzte Thronsessel, auf dem sich der frühere Kaiser vom Bade ausruhte, steht noch in der Bogenhalle, die um das Bassin führt.

Aus diesem Park hat man einen sehr schönen Blick nach der jetzigen Sommerresidenz Wau schau schau mit ihrem großen künstlichen See, dem Damm und der Kamelrücken-Brücke, die darüber führt. Der Kaiser und die alte Kaiserin sollen dort große Feste geben, und wir sahen ein Dorfkind, welches uns akrobatische Kunststücke vormachte, und erzählte, Hunderte von Kindern müssten so dem Kaiser vortanzen.

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