1. Mai 1896

Dieser Arbeiterfeiertag ist auch für uns einer, denn wir haben doch sehr die Empfindung des Feierns und dass eine große Sorge von uns genommen ist. Das war mir immer so schrecklich an Tanger, dass ich mir sagte, der Dümmste könnte das auch noch! Edmund sieht vorläufig, glaube ich, nur die guten Seiten, das Schwere dabei habe ich schon jetzt mehr wie er realisiert. So hoffe ich, es innerlich überwunden zu haben, wenn es ihm am fühlbarsten wird, und ihn dann trösten zu können.

Die Kinder sind die Hauptsorge, aber auch ihnen wird ja das, was wir uns auferlegen, zugute kommen.

Wir besuchten Onkel Grimm, nachdem Edmund vorher bei Pourtales gewesen, der ihm sagte, Peking sei nach den Botschaften bei weitem der wichtigste Posten.

Onkel Grimm war voll geistreicher Apercus über die Sache. Sehr interessant war es, ihn über S. M. reden zu hören; er erklärt ihn durch die Koburgsche Abkunft, bei denen alles auf das Rhetorische basiert sei, und durch den Vater, der, wenn er sich im Traum gesehen, immer mit der Hand auf der Hüfte in Rednerpositur dagestanden sei.

Ich fühlte mich so elend, dass ich mich nach Hause und zu Bett begeben musste. Manchmal ergreift mich eine große Angst, wie ich die Jahre in Peking gesundheitlich aushalten werde. Aber ich sage mir dann: á la grace de Dieu!

Edmund ist jetzt über den Berg, und ich bin sehr müde.

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